Aus der Sammlung

Das weiße Gold – Porzellan in der DDR

Meissen, Kahla oder Henneberg – das Porzellangut aus der DDR war vielseitig. Dieser Blogartikel thematisiert die Porzellanherstellung in der DDR und zeigt einige besondere Porzellan-Objekte aus der Sammlung des DDR Museum. von Patrick Opitz (06.11.2023)

Die Wiege des europäischen Porzellans befindet sich in Ostdeutschland, genauer in Meißen, der kleinen Kreisstadt in Sachsen, die durch die markant gekreuzten blauen Schwerter Weltruhm erlangte. Die einzigartige Geschichte beginnt bereits 1702 mit Johann Friedrich Böttger (1982-1719). Ihm gelang es 1708, nach sechsjähriger Erprobungszeit, erstmals weißes Porzellan zu brennen – das erste in ganz Europa.

Porzellanmedaille aus Meissner Porzellan für die Fährverbindung Mukran-Klaipėda

Abb.: Porzellanmedaille aus Meissener Porzellan für die Fährverbindung Mukran-Klaipėda.

Meissener Porzellan

In der Folge setzte das Porzellan seinen Siegeszug durch die Jahrhunderte fort. Auch die beiden Weltkriege konnten die Marke nicht nachhaltig schädigen. Am 8. Mai 1946, bereits ein Jahr nach Kriegsende, konnte auf der Leipziger Frühjahrsmesse schon wieder Porzellan aus Meißen bewundert werden. 1950 erfolgte die Rückgabe der Firma aus sowjetischem Besitz, fortan firmierte sie als Volkseigener Betrieb (VEB) Staatliche Porzellan-Manufaktur Meissen. Dies auch mit beträchtlichem Erfolg. Anfang der 1950er-Jahre war der Betrieb bereits unter den zehn stärksten devisenbringenden Unternehmen in der DDR gelistet.

Weiße Büste von Ernst Thälmann aus Porzellan

Abb.: Die vollplastische Büste von Ernst Thälmann des VEB Staatliche Porzellan-Manufaktur Meissen.

Ehrengaben aus Meissener Porzellan

In der 40-jährigen Geschichte der DDR nahmen eine Vielzahl von Museen, Städten, Gemeinden, Parteien, Organisationen und Betriebe die Möglichkeit in Anspruch, Medaillen, Büsten und Schmuckteller aus Meissener Porzellan als (politische) Ehrengabe an Würdenträger*innen zu verleihen oder zu speziellen Ereignissen, Organisationen und Jubiläen, auszugeben. Diese Praxis führte dazu, dass die Objekte bis in die gegenwärtige Zeit in großer Anzahl erhalten geblieben sind und wertvolle Zeugnisse ihrer Zeit darstellen. Einige ausgewählte Stücke aus unserer Sammlung illustrieren diese Entwicklung.

Teeservice mit Goldrand und Onament-Dekor in Orangetönen

Abb.: Teeservice des VEB Porzellanmanufaktur Plaue.

»Die großen Vier« Kahla, Ilmenau, Weimar und Lichte

Neben dem weltberühmten Meißen ist es vor allem der Standort Thüringen, der den Stil des Porzellanguts in der DDR prägte. Mehrere kleinere, zuvor eigenständige Fabriken, wurden dort im Laufe der Zeit in die vier großen Betriebe in Kahla, Ilmenau, Weimar und Lichte eingegliedert. Die ebenfalls zu Volkseigenen Betrieben umgewandelten Firmen versuchten sich am ästhetischen Spagat zwischen stabiler Nüchternheit und einer fröhlichen Breite und Vielfalt, vor allem in Form von Tier- und Blumendekor, die das sozialistische Alltagsleben charakterisieren sollte. Zeugnisse hiervon sind die reich verzierten, glasierten Teeservices, die diese Motive eindrucksvoll illustrieren. Nahezu alle großen aber auch kleineren, weniger bekannten Porzellanmanufakturen hatten sie in ihrem Produktrepertoire. Das prägnante Dekor hatte neben seinem optischen Wert zudem einen weiteren Vorteil: Eventuelle Fehler bei der Fertigung ließen sich so leichter verbergen.

Neben dem farbenreichen Dekor waren auch Geschirrserien aus Perlmutt äußerst geschätzt. Das Kaffeeservice vom VEB Feinkeramik Kahla ist dafür ein aussagekräftiges Beispiel. Aus dem VEB Porzellanwerk Lichte wiederum stammt das zwölfteilige Jagdservice, welches äußerst feingliedrig verschiedenste Tiere des Ober- und Niederwildes abbildet.

Perlmutt-Service mit Pfingstrosen

Abb.: Perlmuttfarbendes Kaffeeservice des VEB Kombinat Feinkeramik Kahla, um 1985.

Das Amt für industrielle Formgestaltung (AiF)

Im Jahr 1972 nahm das Amt für Industrielle Formgestaltung (AiF) in Berlin seine Arbeit auf. Die staatliche Behörde war für die Planung, Leitung und Überwachung der industriellen Formgestaltung in der DDR zuständig. In der Abteilung 4000 war auch der Bereich Glas und Keramik abgedeckt. Wichtige Kriterien der Gestaltung bildeten neben dem ornamentgeschmückten Dekor auch die Gebrauchstüchtigkeit sowie Langlebigkeit des Porzellans. Dass diese Gradwanderung gelang, beweist das in einer unglaublichen Vielzahl produzierte Gastronomie-Geschirr, welches vor allem die Kriterien des praktischen Stapelns und der Stabilität erfüllen musste. Vorbild hierfür ist das Geschirr des berühmten Centrum Warenhaus, der Mitropa oder des Palasts der Republik.

Weißes Service mit goldenem Rand aus Porzellan aus dem Palast der Republik

Abb.: Service aus dem Palast der Republik des Herstellers Henneberg Porzellan.

Porzellan aus dem Palast der Republik 

Der 1976 fertiggestellte Palast der Republik (PdR) verfügte über insgesamt neun Gastronomiebereiche, die sich auf insgesamt drei Ebenen verteilten. Den großen Bedarf an Geschirr deckten vor allem zwei Porzellanfabriken aus Thüringen ab: VEB Porzellanfabrik Henneberg (Graf von Henneberg) in Ilmenau und der VEB Porzellanfabrik Kahla aus der gleichnamigen Stadt. Das Dekor mit dem typischen Logo »PdR« wurde monochrom in den Farben Rot, Grün, Orange/Braun, (Kobalt-)Blau, Schwarz und natürlich in Gold gehalten, wobei gerade Letzteres nur zu besonderen Anlässen ausgegeben wurde.

Weißes Kaffeeservice aus Keramik der Mitropa

Abb.: Kaffeeservice der Bahnhofs- und Raststättengastronomiegesellschaft MITROPA des VEB Porzellankombinat Colditz.

Das Porzellan der Mitropa

Die Mitteleuropäische Schlafwagen- und Speisewagen-Aktien-Gesellschaft, kurz Mitropa, verbindet man vor allem mit dem Geschirrservice »Rationell«, welches 1969/70 die Produktgestalter*innen Margarete Jahn und Erich Müller entwickelten und zunächst vom VEB Vereinigte Porzellanwerke Colditz vertrieben wurde. Ihr Entwurf errang auf der Leipziger Messe 1970 eine Goldmedaille für »Gutes Design«. Anfang der 1970er-Jahre wurde das Service dann neben den Zügen der Deutschen Reichsbahn (DR) auch in Gaststätten, Werks- und Schulkantinen, Krankenhäusern oder Hotels eingesetzt. Das AiF überarbeitete die ursprünglichen Entwürfe für die Mitropa bereits 1972. Das Standardgeschirr erhielt das auch heute noch bekannte Logo mit dem blauen, roten bzw. grünen »M« und einem stilisierten Wagenrad.

Die Warenhauskette Centrum Warenhaus, eine Tochtergesellschaft der Handelsorganisation HO der DDR, wurde ebenfalls ab den 1970er-Jahren mit dem Geschirrservice »Rationell« ausgestattet. Der VEB Porzellanfabrik Henneberg übernahm die Fertigung, da die Produktion in Colditz ausgelastet war.

Porzellanstatuette in Form eines röhrenden Hirsches

Abb.: Porzellanstatuette in Form eines röhrenden Hirsches der Sitzendorfer Porzellanmanufaktur.

Das Porzellan aus der DDR heute

Meissen, Kahla oder Henneberg – das Porzellangut aus der DDR ist auch nach der deutschen Wiedervereinigung vielfach in Gebrauch und bei Sammler*innen beliebt, nicht nur in den neuen Bundesländern. Immer noch geschätzt für die Qualität sowie das ansprechende Design, und oftmals auch mit liebevollen Erinnerungen an gesellige Runden und besondere Ereignisse verknüpft, kann man es auch heute noch in der ganzen Bundesrepublik finden.

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