DDR-Geschichte

Freier Deutscher Gewerkschaftsbund (FDGB)

Der Freie Deutsche Gewerkschaftsbund (FDGB) war in vielen Betrieben und Institutionen präsent. So frei wie der Name es suggeriert war die Organisation jedoch nicht. Im Gegenteil. Wie der FDGB organisiert war und warum 98% der Bevölkerung eine Mitgliedschaft hatten, erfahrt ihr in diesem Beitrag. von Dr. Stefan Wolle (07.09.2022)

Der FDGB hatte Ende der achtziger Jahre insgesamt 8,9 Millionen Mitglieder. Er war in jedem Betrieb und in jeder Institution der DDR mit einer Betriebsgewerkschaftsleitung (BGL) und an der Basis mit Abteilungsgewerkschaftsleitungen (AGL) präsent. Mehr als 98 Prozent aller Werktätigen waren Gewerkschaftsmitglieder. 2,4, Millionen FDGB-Mitglieder hatten ehrenamtliche Funktionen, dazu kam ein Apparat mit Tausenden hauptamtlichen Funktionären. Der FDGB stellte eigene Abgeordnete in der Volkskammer, in den Kreis- und Bezirkstagen sowie in den örtlichen Volksvertretungen – insgesamt etwa 30.000 Mandatsträger. Hinzu kamen eine eigene Hochschule und andere Bildungseinrichtungen, die Arbeiterwohnungsgenossenschaft (AWG), sportliche und kulturelle Einrichtungen, der Verlag »Tribüne«, Zeitschriften, Zeitungen und vieles mehr.  

»Transmissionsriemen der Partei«

Man könnte also meinen, der FDGB wäre eine machtvolle und einflussreiche Organisation gewesen. Das Gegenteil war jedoch der Fall. Der FDGB war die traurige Karikatur einer Gewerkschaft. Sie hing vollständig an der Leine der SED und diente allein der Herrschaftssicherung der allmächtigen Staatspartei. W.I. Lenin hatte bezüglich der Gewerkschaft von einem »Transmissionsriemen der Partei« gesprochen. Der FDGB vertrat weder im Allgemeinen, noch bei konkreten Konflikten die Interessen der Werktätigen. Alle wichtigen Fragen entschieden ohnehin die Partei und die mit ihr verzahnte staatliche Leitung. Ein FDGB-Vertreter saß formal mit am Tisch – zu sagen hatte er jedoch weniger als nichts. Zudem waren die höheren Funktionäre und die hauptamtlichen Mitarbeiter des FDGB in der Regel SED-Mitglieder und unterlagen damit den Weisungen der Partei. Die Wahlen der Vertrauensleute und Leitungsmitglieder waren formal korrekt. In der Regel standen die Wahlergebnisse vor der Wahl fest und die Wahl selbst war einstimmig, da alle froh waren, dass der Krug an ihren vorübergegangen war. Gewerkschaftsfunktionen galten als Strafposten, zu denen die SED-Leitung einen Genossen vergatterte.     

Die Basisarbeit des FDGB

Der Gewerkschaft blieben dann die ganz kleinen Reibungsflächen des Arbeitsalltages. Das betraf Beschwerden über das Kantinenessen oder das Raumklima im Büro. Selbst in solchen Fällen konnte die Gewerkschaft nur etwas ausrichten, wenn sie sich an die SED-Leitung wandte. Auch Maßnahmen zur Stärkung des Kollektivs lagen bei den FDGB-Gremien. Sie organisierten Ausflüge, Theaterbesuche, Kulturabende und kümmerte sich um erkrankte Kollegen. Im Krankheitsfalle zog der Sozialbeauftragte mit einem Blumenstrauß und einem Kasten Konfekt los, um den Erkrankten zu besuchen und eventuell Hilfe zu organisieren. Dafür gab es aus der Gewerkschaftskasse in paar Mark. Im Falle von Kuraufenthalten oder bei der Aufnahme in der Arbeiterwohnungsgenossenschaft hatte der Sozialverantwortliche sein Votum abzugeben, was aber eine reine Formalität war. Es blieb der FDGB-Feriendienst, also die Organisation der Urlaubsaufenthalte, die allerdings wichtig war und für viele der einzige Grund für eine Mitgliedschaft im FDGB. Mehr über das Mitgliedsbuch des FDGB erfahrt ihr in Kürze in dem Blogbeitrag »Das FDGB-Mitgliedsbuch«.

Mehr über das Maskottchen des FDGB-Feriendienstes erfahrt ihr in Kürze in dem Blogbeitrag »Das FDGB-Maskottchen«. 

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