An der Ecke zwischen Prenzlauer Allee und Tor-/Mollstraße steht ein pompöses Gebäude, das heute unter internationalen Schauspielern, wie Brad Pitt oder George Clooney, so sagt man, beliebter Zufluchtsort in der Hauptstadt ist. Das Soho House Berlin ist ein exklusiver Club mit kombinierten Wohn- und Arbeitsmöglichkeiten für Künstler, Journalisten, Regisseure und Manager aus dem Medienbereich. (Vgl. Jenni Zylka: Eröffnung Club Soho House Berlin: München-Frisuren und Disco-Romper, in: Spiegel Online, 01.05.2010, http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/eroeffnung-club-soho-house-berlin-muenchen-frisuren-und-disco-romper-a-692432.html, abgerufen am 09.11.2015.)
Täglich komme ich an dieser Straßenecke vorbei und frage mich, welche Geschichten dieses Haus wohl zu erzählen vermag. Doch nicht die Geschichten von heute, viel interessanter sind vermutlich die Geschichten von damals, als das Gebäude noch in einem anderen Staat stand, der DDR.
Eine kleine Stele aus Glas schildert die Vergangenheit dieses Ortes auf verschiedenen Sprachen, alle weiteren Gedenktafeln wurden entfernt. Betreten wird das Haus nur noch von zahlenden Mitgliedern des Privatclubs.
Dabei war das Gebäude bei seiner Entstehung als Warenhaus für alle Berliner gedacht. Das Gebäude im Bauhhaussil wurde von den jüdischen Geschäftsmännern Hermann Golluber und Hugo Haller 1929 als Kreditkaufhaus eröffnet. Dort konnten die Kunden alle Waren per Ratenzahlung kaufen. Eine Woche war es möglich Waren umzutauschen. Das so genannte Kaufhaus Jonass wurde von diesen beiden Männern bis 1939 geführt, dann wurden sie im Zuge der „Arisierung“ durch die Nationalsozialisten zur Emigration gezwungen.
Die neuen deutschen Eigentümer verkauften das Haus an die Nationalsozialisten, die das Haus für die „Reichsjugendführung“ nutzten. Von hier wurden etwa 9 Millionen Mitglieder der Hitlerjugend betreut.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude verstaatlicht, 1946 nach der Zwangsvereinigung von KPD und SPD zur SED wurde es zum Sitz der SED-Parteiführungen unter dem Namen „Haus der Einheit“. Der erste und einzige DDR-Präsident Wilhelm Pieck, aber auch der Ministerpräsident Otto Grotewohl hatten fortan hier ihr Büro. Hier wurden die Übernahme des stalinistischen Parteimodells für die SED vorangetrieben, die eigene Partei von Kritikern „gesäubert“ und politisch begründete Todesurteile gegen Regimegegner ausgesprochen. Auch der »beschleunigten Aufbau des Sozialismus«, der zu Normenerhöhung vor. Die Bedeutung dieses Ortes wird am 17. Juni 1953 als sich hauptschlich hier und am Haus der Ministerien Demonstranten des Volksaufstandes versammelten (Vgl. Stefan Strauss: Ein Zimmer DDR, in: Berliner Zeitung, 16.05.2008, http://www.berliner-zeitung.de/archiv/wo-frueher-die-sed-regierte--zieht-der-klub-soho-house-mit-swimmingpool--lounge-und-sauna-ein-ein-zimmer-ddr,10810590,10558900.html, abgerufen am 09.11.2015.)
Nach 1959 zieht die Parteiführung, das Zentralkomitee der SED, allerdings um ins „Große Haus“ am Werderschen Markt, ins Haus der Einheit zog nun das IML, das Institut für Marxismus-Leninismus. Dazu gehörte auch das Zentrale Parteiarchiv, das 1992 zunächst vom Parteivorstand der PDS, dann aber vom Bundesarchiv in Lichterfelde zur Erforschung und Aufarbeitung der SED-Diktatur übernommen wurde. (Vgl. Mathias Raabe: Ein „städtebauliches Juwel“ wird verkauft, in: Berliner Zeitung, 20.04.2001, http://www.berliner-zeitung.de/archiv/juedisches-kaufhaus--naziverwaltung--partei-institut--das-eckgebaeude-an-der-torstrasse-hat-eine-wechselvolle-geschichte-ein--staedtebauliches-juwel--wird-verkauft,10810590,9895384.html; http://www.gedenktafeln-in-berlin.de/nc/gedenktafeln/gedenktafel-anzeige/tid/haus-der-einheit/, abgerufen am 09.11.2015.)
Seit diesem Zeitpunkt 1995 stand das Haus leer, bis es 2007 von der deutsch-britischen Investorengruppe Cresco Capital für neun Millionen Euro gekauft und denkmalgerecht saniert wurde. (Vgl. Engländer kaufen frühere SED-Zentrale, in: Der Tagesspiegel, 19.04.2007, http://www.tagesspiegel.de/berlin/englaender-kaufen-fruehere-sed-zentrale/836298.html, abgerufen am 09.11.2015.)
Heute erinnert nur noch die Stele an die bewegte Geschichte des Baukomplexes. Entgegen der ursprünglichen Ankündigung sind heute weder das Büro von Wilhelm Pieck noch die Räume für Konferenzen, Wellness und Gastronomie für die Öffentlichkeit zugänglich.