Durst ist eine menschliche Existenznot und bekanntlich schlimmer als Heimweh. Eine Erfahrung, die uns in diesen heißen Julitagen des öfteren an die Kehle geht. Aber wozu soll man in seiner Not greifen? Es ist einfach zu viel Verlockendes in Reichweite um uns herum. Allein diese Wasser- und Limonadevarianten aus Glas- und Kunststoffflaschen im Überfluss! Und erst recht die Welt der Biere und bierähnlichen Gebräus...
Ganz anders, als die ostdeutsche Nachkriegs-Republik in den ersten Kinderschuhen steckte. Da war das Getränkeangebot noch recht überschaubar. Es gab „Selters“, „Brause“ und regionales „Hell“, schon das Verlagen nach einem „Pils“ war in der Regel ein abseitiger Wunsch. Und alle Durststiller kamen aus einer Sorte Flasche, zu öffnen per Drahtbügelverschluss. Ebenso wenig konnte von einer Etikettenvielfalt wie heute die Rede sein. Dafür eignete der allerersten ostdeutschen Getränkeflaschengeneration eine Besonderheit, die sie unverwechselbar von all ihren Vorgängern und den Schwestern im Westen abhob: Ihre Leiber waren vom VEB-Signet geprägt. VEB – das hieß aber nicht etwa „Volkes Einheits-Bier“, sonder stand für „Volkseigener Betrieb“. Denn auch in der Getränkewirtschaft sollte der Sozialismus zum Zuge kommen. Und wenn’s erst einmal ein kräftiger aus der Flasche war.
Später dann gab’s auch für das Volk in der DDR den Kronen(!)-Korken. Aber was darunter die Bäuche der Flaschen zierte, blieb über Jahrzehnte hinweg ein einzigartiges Armutszeugnis. Die einfallslose, schlampige Etikettenkultur der Getränkehersteller schaffte es, dass der Kunde auch den edelsten Tropfen sich zunächst schlecht-gucken musste. Vielleicht darum schloss er reflexartig die Augen, wenn er die Flasche zum Trunk anhob.
Erst in den Achtzigerjahren kam es hier zu einer erfrischenden Belebung des Grafikdesigns, so im VEB Getränkekombinat Berlin. Leider zu spät. Da war die DDR schon so gut wie „Flasche leer“. Kurz darauf machten sich die Marketing- und Designstrategen von Binding, Coca Cola, Warsteiner und Co. auf den Weg in den Osten, um sich dort neben Spree- und Sachsenquell auch „das Bier von hier“ einzuverleiben und es mit verlockenden Bauchbinden und Halskrausen zu schmücken.
Günter Höhne (Text und Bild)