Ende Oktober: Die hellen Tage werden kürzer. Aber die Nacht vom 28. auf den 29. um eine Schlafstunde länger, denn die Uhr stellt sich wieder zurück auf europäische Winterzeit. Richtig, sie verstellt sich selbst – im heutigen Zeitalter der digitalen Funkuhren. Nur an analoge Stunden-, Minuten- und Sekundenmesser muss nach wie vor Hand angelegt werden. Das betrifft durchaus auch noch moderne (teure), aber erst recht mehr oder weniger betagte echte Ticktacks.
Unter den Menschen, welche sich diese – trotzig oder liebevoll – immer noch halten, existiert in Ostdeutschland, aber nicht nur hier, die eingeschworene Gemeinde der Glashütte-Uhrenbesitzer. Darunter neben Armbanduhren-Trägern auch Liebhaber, die im ganz wörtlich zu nehmendenen Sinne Glashütte-„Anhänger“ sind: glückliche Besitzer der sachlich-modernen Wanduhr vom Typ „Glashütte elektrochron“, ab 1968 im sächsischen Müglitztal hergestellt, entworfen vom Berliner Industrieformgestalter Horst Giese und 10 Jahre später, quasi im Nachgang, mit der erstmals vergebenen Auszeichnung GUTES DESIGN geadelt. Da galt sie immer noch als „Renner“ im Handel. Funktionell war sie das glücklicherweise nicht, sondern mit ihrem batteriebetriebenen, quarzgesteuerten mechanischen Laufwerk ein Vorbild an Pünktlichkeit. In ihrer äußeren Erscheinung hingegen trat sie ganz und gar zeitlos auf, mit ewiger Eleganz überzeugend – heute eine DDR-Designlegende.
Die Glashütte elektrochron gab es in verschiedenen (Kunststoff)-Gehäusefarben, Zifferblattgrafiken und Durchmessern: meist in der 26-Zentimeter-Variante, aber auch in einer nur 18 Zentimeter großen. Die Nachfrage im Handel war so groß, dass auch das Uhrenwerk in Weimar bei der Produktion einspringen musste. Diese Exemplare tragen das Signet Weimar Quartz, „gingen“ aber genauso gut wie die echten Glashütter.
Text und Fotos: Günter Höhne