Wie beim Original wurde das »Badezimmer« in der Plattenbauwohnung im DDR Museum komplett in diese eingebaut und verfügt nur über wenige Quadratmeter. Obwohl die Breite der »Nasszelle«, wie das Bad zu DDR-Zeiten auch genannt wurde, von einer Badewannenlänge dem eigentlichen Neubaustandard entspricht, ist der Raum etwas länger, um dem hohen Besucherandrang des Museums entgegenzukommen.
Wie fast alle Objekte und Räume in der Ausstellung sollte auch das Bad so realistisch bzw. authentisch wie möglich sein. Doch woher bekommt man Waschbecken, Wanne und Co? Nach langer Suche wurden die Kurator*innen in einem leerstehenden WBS 70-Bau in Dessau fündig, restaurierten die Gegenstände und integrierten sie in das DDR Museum. Dass solch ein (damals modernes) Badezimmer mit fließendem warmen und kalten Wasser in den 70er- und 80er-Jahren in der DDR ein Traum vieler Menschen war, kann man sich heute kaum noch vorstellen.
Die Schäden des Zweiten Weltkriegs, Vertriebene aus den ehemaligen östlichen Gebieten des Deutschen Reiches und Kriegsrückkehrer führten zu einem extremen Wohnraummangel, der sich über die 40 Jahre DDR kaum beheben ließ. Bereits in den ersten Jahren der Republik wurde der Wohnungsbau vorangetrieben, blieb aber hinter den Erwartungen zurück, sodass Anfang der 60er-Jahre noch rund 600.000 Menschen bei einer Wartezeit von bis zu 10 Jahren eine Wohnung suchten.
Auf dem 8. Parteitag der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) im Juni 1971 kündete der neue Erste Sekretär des SED-Zentralkomitees und Staatsoberhaupt Erich Honecker, der kurz zuvor Walter Ulbricht ablöste, die »Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik« an, die das materielle und kulturelle Lebensniveau der Menschen in der DDR erhöhen sollte. Dazu gehörte auch die Behebung des Wohnungsnotstands bis zum Jahr 1990. Bis 1989 wurden schließlich in der gesamten Republik die typischen Plattenbauten, v. a. in Großwohnsiedlungen an den Rändern der Städte, errichtet. Obwohl dieses grundsätzliche Wohnungsproblem damit gelöst zu sein schien, stieg die Zahl der Wohnungssuchenden trotzdem weiter. Grund dafür war der zunehmende Verfall der Häuser, die um die Jahrhunderwende herum gebaut und seitdem kaum bzw. nicht mehr saniert wurden. Der Mangel an Wohnraum, v. a. im urbanen Raum, blieb also über die gesamten 40 Jahre DDR ein massives Problem.
Wie viele Bereiche war auch das Wohnen, besonders in den Städten, Staatssache in der DDR. Boden und Gebäude wurden im sozialistischen Sinne enteignet und deren Vergabe öffentliche Aufgabe. Mieten wurden staatlich geregelt und Wohnraum nach Bedarfs-Einschätzung der Behörden vergeben. Durch die zentrale Vergabe sollte die soziale Durchmischung der Nachbarschaft gewährleistet werden, in der Wohnen kein Ausdruck und Mittel sozialer Unterschiede sein sollte. Aus dem gleichen Grund wurden auch die Mietpreise, egal ob Alt- oder Neubau, unverhältnismäßig und unwirtschaftlich niedrig gehalten und staatlich subventioniert.
Wie glücklich müssen also die Bewohner*innen damals über ihre Wohung im Dessauer Plattenbau gewesen sein, die im Gegensatz zu den Altbauten mit einem Bad mit Badewanne und Toilette ausgestattet war? Glücklich war auch das Team des DDR Museum, als es erfuhr, dass es die Einrichtung für die Ausstellung nutzen konnte.
Selbstverständlich fehlt bei der Ausstattung nichts: ein Waschbecken mit dem typischen Schwenkhahn zur Badewanne, eine Toilette und auch der nützliche Spiegelschrank über dem Waschbecken vervollständigen die »Nasszelle«. Selbst die berühmten und nicht leicht zu bekommenden blauen Fliesen zieren die Wände um die Badewanne. Serienmäßig in der Wohnung enthalten war nämlich nur eine wasserabweisende Tapete. Nur mit etwas Geschick, Kontakten und viel Geduld kam man an die begehrten Fliesen, die oftmals nicht für einen Fliesenspiegel im gesamten Raum reichten.
Wie im Rest der Ausstellung verstecken sich die meisten Informationen zum Raum und den historischen Inhalten in den Installationen. Beim Blick in die Badewanne erfährt man beispielweise mehr zum Ausstattungsgrad des Gesamtwohnungsbestandes in der DDR. Vorhanden ist außerdem eine Waschmaschine, die, öffnet man die Klappe, auf zentrale Themen des Badezimmers eingeht: Gesundheitsaufklärung und -erziehung. Verschiedene Werbefilme des Deutsche Hygienemuseums in Dresden aus den 70er-Jahren illustrieren, welche gesundheitlichen Aspekte dem Staat am Herzen lagen.
Neben der Waschmaschine können auch die Kleinen schon die wichtigsten Informationen zu gesunder Ernährung und Lebensführung erlernen. Das Hygienespiel »Gesundheit will gelernt sein« ist dabei einem Original-Elektro-Steckspiel aus der DDR nachempfunden. Der Schrank gibt Einblicke in die Gesundheitsversorgung der DDR. Hier stehen vor allem die Poliklinik als zentrale ambulante Einrichtung mit verschiedenen Ärzten sowie Ärztinnen und die Versorgung in diesen im Vordergrund. Lange Wartezeiten und fehlende Medikamente gehörten zum Alltag. Zusammen mit der fettreichen, obst- und gemüsearmen Ernährung sowie dem hohem Tabak- und Alkoholverbrauch in der DDR mögen die Daten zur Lebenserwartung nicht überraschen.
Doch das ist nur die eine Seite, denn die DDR garantierte über die staatliche Sozialversicherung eine kostenfreie ärztliche Versorgung sowie Medikamente und Kuren. Schon für Kinder gab es regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen.
Noch mehr Objekte des DDR Museum zum Thema sind hier in der Online-Datenbank zu finden.