Aus dem Museum

Sonderausstellung »Ein Land und seine Helden«

Die Sonderausstellung »Ein Land und seine Helden – 25 Geschichten aus der DDR« im Foyer des Museums portraitiert bekannte und unbekannte Persönlichkeiten, deren Taten Teil der Geschichte des Landes wurden. (26.04.2022)

In unseren heutigen, bewegten Zeiten scheinen Heldenfiguren wieder modern zu werden, zumindest wenn man vielen der Graffiti in Berlin Glauben schenkt. Mit der neuen Sonderausstellung »Ein Land und seine Helden – 25 Geschichten aus der DDR« portraitiert das DDR Museum bekannte und unbekannte Persönlichkeiten, deren Taten Teil der Geschichte des Landes wurden.

Sonderausstellungsfläche DDR Museum

Welche Helden und Heldinnen gab es in der DDR?

Wer in der DDR die Zeitung aufschlug, wurde von lauter Heldentum förmlich überflutet. Die führenden Persönlichkeiten hefteten sich gegenseitig den Titel »Held der DDR« ans Revers und bedachten auch die Herrscher der Sowjetunion und deren Kosmonauten mit dieser Auszeichnung. Für das Volk regnete es mehrmals jährlich »Ordensblech«. Es gab aber nicht nur Helden, die der Staat DDR selbst aufs Schild gehoben hat, sondern auch solche, die aus heutiger Sicht als Helden präsentiert werden, zum Beispiel aufgrund ihres Engagements gegen die SED-Diktatur. Wir nennen sie »Antihelden«. Wer aber war für und wer war gegen die Staatsmacht? Lässt sich das so einfach sagen? Und gab es nicht auch Heldinnen und Helden der Wissenschaft oder des Sports, die im Volk eine breite Akzeptanz hatten, ohne vordergründig politisch zu sein? Letztlich wollen wir mit unseren 25 Geschichten Denkanstöße über die »Heldenfrage« in der DDR geben.

Gegliedert haben wir die Heldinnen und Helden anhand der folgenden drei Kategorien:

  • Antihelden (schwarz)
  • Staatshelden (rot)
  • Volkshelden (gold)

Thematische Exponate in der Sonderausstellung

Die thematischen Exponate der Sonderausstellung sind entsprechend vielfältig. Neben einer Replik des Ordens »Held der DDR« präsentieren wir eine Titelstory über die Normübererfüllung von Adolf Hennecke aus dem Jahr 1948, als der Bergmann die Produktionsnorm um 387 Prozent übertraf. Zu sehen sind außerdem eine originale Schreibmaschine von Robert Havemann als Leihgabe der Robert-Havemann-Gesellschaft e. V. oder ein Brief von Frieda Spitzbarth, die 1964 bei Walter Ulbricht gegen den Abriss der Leipziger Universitätskirche protestierte. Im Folgenden stellen wir jeweils eine Heldin oder einen Held aus den drei Kategorien vor.

Frieda Spitzbarths Protestschreiben an Walter Ulbricht 

Aus der Kategorie Antiheld*in

Staatschef Walter Ulbricht, im Volksmund auch »Spitzbart« genannt, bekam von Frieda Spitzbarth (1899-1964) einen Brief, in dem sie sich gegen den Abriss der Universitätskirche in Leipzig aussprach. Da jedoch alle wussten, dass solche Entscheidungen ganz oben, also bei der Staats- und Parteiführung, fielen, war es natürlich reiner Hohn, ihr Schreiben an den formal zuständigen Rat der Stadt weiterzuleiten. So halfen alle Proteste und Bittschriften nichts. Am 30. Mai 1968 zündeten die Sprengladungen und das gotische Gotteshaus fiel in sich zusammen. Nur wenige Reste, wie diese Kreuzblume, wurden aus den Trümmern gerettet. (Leihgabe: Paulinerverein e. V.)

Vitrine Sonderausstellung Protestschreiben Frieda Spitzbarth

Hannes Hegen und seine Comic-Helden Diggedags

Aus der Kategorie Volksheld*in

Zum Helden erkoren haben wir im Rahmen der Sonderausstellung »Ein Land und seine Helden« auch Hannes Hegen (1925–2014), den Schöpfer der drei Comic-Helden Dig, Dag und Digedag. Geboren wurden die drei Figuren im Dezember 1955 und begeisterten fortan die Leser*innen der Mosaik-Comics. Die Vorbehalte gegen das umstrittene Genre im comicarmen Osten Deutschlands waren groß. Dennoch setzte sich Hannes Hegen durch und die Leserschaft blieb den drei Knollennasen auch treu, als diese seit 1959 auf einem fernen Planeten in eine kommunistische Gesellschaft gerieten und die Hefte zunehmend pädagogischer wurden. Ende 1975 verließen die drei Helden sowie ihr Schöpfer (nicht ganz freiwillig) die Bühne und gingen ins Walhalla der Comic-Figuren ein.

Comic »Mosaik: Diggedags in Amerika« – Heft 152

Sigmund Jähn – Der erste Deutsche im All

Aus der Kategorie Staatsheld*in

Die Zeitungen des 26. August 1978 warteten mit einer Sensation auf: »Der erste Deutsche im All – ein Bürger der DDR«. Es begann eine Welle organisierten Jubels, die jede echte Begeisterung für den Weltraumflug Sigmund Jähns erstickte. Nach sieben Tagen im All ging es erst richtig los. Sigmund Jähn (1937–2019) erhielt den Orden »Held der DDR« und ließ sich im Lande herumreichen. Erst nach 1990 wurde bekannt, dass die harte Landung so nicht geplant war. Den Heldentitel jedenfalls hat er bei diesem Aufprall zusammen mit seinem Rückgratschaden ehrlich erworben.

Gerahmtes Bild mit Sigmund Jähn und Waleri Bykowski in einer Raumkapsel

Die kostenfreie Sonderausstellung mit deutsch- und englischsprachigen Texten wurde aufgrund des anhaltenden und hohen Interesses verlängert und ist noch bis zum 31. Januar 2023 im Foyer des Museums zu sehen.

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