DDR-Geschichte

GENEX – Weil Schenken Freude macht! (Teil 2)

Im zweiten Teil der Genex-Reihe geht Sammlungsleiter Jörn Kleinhardt auf die Warenpalette der Genex-Kataloge ein und resümiert, ob und wie die Genex Geschenkdienst GmbH zum Ende der DDR beitrug. von Jörn Kleinhardt (08.01.2020)
aufgeschlagener GENEX-Katalog der Ausgabe 1989 mit dargestellten Wunschpaketen

Die Warenpalette im Genex-Katalog war vielfältig

Die Kataloge zeichneten sich durch eine breite Warenpalette aus. Neben Lebens- und Genussmitteln, Heimtechnik und Haushaltsgeräten gab es Modeartikel, Spielzeug, Fahrräder, Boote, Möbel, Schmuck und Werkzeuge. Es war sogar möglich, Autos und Zweiräder zu bestellen, dabei gab es neben DDR-Fabrikaten wie Trabant, Simson, MZ, Wartburg und Barkas auch Fabrikate von VW, Mazda, Volvo, Peugot oder Fiat zu kaufen. Selbstverständlich waren auch Kraftfahrzeuge aus dem Ostblock wie Dacia, Škoda oder Lada erhältlich. In der Regel wurden die bestellten Fahrzeuge innerhalb von 6 Wochen ausgeliefert – utopische Wartezeiten von über 10 Jahren entfielen für die zahlungskräftigen Kund*innen. Die größten bestellbaren Artikel waren zweifelsohne ganze Einfamilienhäuser. Diese konnte man in verschiedenen Ausführungen ab ca. 100.000 DM erwerben. 

Der Großteil des Warenangebots innerhalb der Kataloge kam aus heimischer Produktion, einen Anteil von ungefähr 20 Prozent hatten westliche Produkte. Neben den genannten Waren wurden in den Katalogen auch Reisen angeboten. Die Reisekontingente waren vielfältig: Neben zahlreichen Angeboten in den besten Hotels der DDR bestand die Möglichkeit, Auslandsreisen nach Bulgarien, Ungarn, in die Tschechoslowakei und die Sowjetunion zu buchen.

 

Haus-Angebot Genex-Katalog Ausgabe 1979

Genex als Sargnagel für die DDR

Diese Dreieckskonstellation zwischen der DDR, der Bundesrepublik und den Strohfirmen konnte auf Dauer nicht gut gehen und schädigte die DDR-Wirtschaft nachhaltig. Man muss sich nur vor Augen halten, wie absurd so ein Bestellvorgang war. Ein Beispiel: Frau Müller aus München bestellt ihrem Sohn in Leipzig über Genex einen Wartburg »353W«. Den Wartburg bestellt Frau Müller in Kopenhagen bei der Jauerfood AG und bezahlt das Auto direkt mit DM. Die Jauerfood AG leitet die eingegangene Bestellung dann weiter an die Genex GmbH in Berlin und diese kontaktiert daraufhin den IFA-Vertrieb in Leipzig. Der IFA-Vertrieb stellt den geforderten Wartburg bereit und benachrichtigt Herrn Müller aus Leipzig. Herr Müller kann dann nach ca. 6 Wochen direkt seinen Wartburg abholen.

Wenn man bedenkt, dass die Automobilhersteller einen beträchtlichen Teil ihrer Produktion als Genex-Kontingent zurückhalten mussten, sind die üblichen Wartezeiten der Bürger*innen ohne Westkontakte von über 10 Jahren für Neuwagen nicht verwunderlich. Letztendlich hat auch der berechtigte Unmut der Bürger*innen über die mangelnde Versorgung mit Konsumgütern, neben vielen anderen Fehlern im System DDR, zur Friedlichen Revolution und somit zur Wiedervereinigung geführt.

 

Kaffee-Angebot Genex-Katalog Ausgabe 1979

 

Im ersten Teil (GENEX – Weil Schenken Freude macht (Teil 1)) der Genex-Reihe begibt sich Sammlungsleiter Jörn Kleinhardt auf die Spur der Genex-Entstehungsgeschichte und Entwicklung der Genex Geschenkdienst GmbH.

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