Vor 70 Jahren Jahre schlich sich eine kleine technische Revolution in die DDR ein, buchstäblich „von hinten durch die kalte Küche“: 1957/58 verließen erstmals schwergewichtige elektrische Universal-Küchengeräte ihre Herstellerbetriebe in Suhl (VEB Elektrogerätewerk) und in Döbeln (VEB Döbelner Beschläge und Metallwaren). Während die Thüringer den hilfreichen Zubereiter recht unbescheiden KOMET tauften, nahmen die Sachsen mit ihren beiden ersten Maschinen nicht ganz so hochfliegende irdische Namensanleihen auf – nur aus der Insektenwelt: IMME und LIBELLE
Dabei verkörperte das fleißige Döbelner Bienchen IMME in Wahrheit einen ganz schön dicken Brummer. Zeitzeugenerfahrungen nach war das zwar knubbelig anzuschauende aber mehrere Kilo wiegende Biest mit seinem umfangreichen Zubehör kaum in einer normal großen Küche vernünftig unterzubringen und auch nur mit kräftigen Armen auf die Tischplatte zu kriegen. Dazu kamen technische Kinderkrankheiten – kurzum der Handel zog gar bald die Hände von dem Gerät zurück, das deshalb heute enormen Seltenheitswert besitzt. Auch deshalb, weil eines der ersten, an deren Formgebung sich ein ausgebildeter Architekt und Geräte-Gestalter versucht hatte: Robert Lenz war Bauhaus-Schüler und hatte vor dem II. Weltkrieg einige Zeit beim berühmten französischen Architekten Le Corbusier mitgearbeitet. Eine Aufmerksamkeit erregende Form allein reicht aber eben doch nicht für einen anhaltenden Verkaufserfolg aus, damals wie heute.
Nachdem der Betrieb reumütig den Ausflug der IMME in die ostdeutschen Küchen gestoppt hatte, schuf er unmittelbar darauf die leichtere und handllichere LIBELLE, die tatsächlich ein wenig auch an den Körperbau des Insekts erinnerte, abermals gestaltet durch Robert Lenz. Sie wurde ein begehrtes und langlebiges Produkt. Und inzwischen ein interessantes Sammlerstück.
Übrigens: Vom Lebens- und Schaffensweg des Architekten und Gestalters Robert Lenz, der wohl in den späten 1960er Jahren verstarb, weiß die Nachwelt (und der Autor dieses Beitrags) noch sehr wenig. Wer da weiterhelfen kann schreibt bitte an Mail an post@ddr-museum!
Text und Fotos Günter Höhne