Der Kindergarten diente nicht nur der Betreuung. Er war auch die erste Bildungseinrichtung, die ein in der DDR geborener Mensch besuchte. Um die Wirtschaft und den Aufbau des Sozialismus voranzubringen, war es Frauen von Anfang an und unabhängig möglich, einen Beruf zu ergreifen und ganztägig arbeiten zu gehen. Die klassische Hausfrau, die sich ausschließlich um Mann, Heim und Kinder kümmerte, gab es nicht mehr. Trotzdem förderte der Staat die Familienplanung, beispielsweise mit der schnelleren Zuteilung einer (modernen) Wohnung und Krediten, sodass neue Konzepte zur Betreuung der Kleinsten nötig wurden.
Ab den 1950er-Jahren wurde das Netz an Kinderkrippen, -gärten und Hort-Einrichtungen konsquent ausgebaut. Kostenfrei (bis auf das Verpflegungsgeld) sowie flächendeckend besuchten weit über 90 Prozent der Kinder Kindergärten, die fast ausschließlich öffentlich verwaltet und somit staatlich beeinflusst wurden. Die Jüngsten der Gesellschaft hatten dort also die ersten Berührungspunkte mit der Politik und der sozialistischen Ideologie.
Der Tagesablauf war genau geplant und für alle gültig: Es wurde gemeinsam gespielt, gemeinsam gegessen und gemeinsam Mittagsschlaf gemacht. Sozialistische Moral und eine positive Einstellung zum Leben in der Gemeinschaft waren wichtigere Lernziele als die Entwicklung individueller Fähigkeiten. Darüber hinaus wurden die Kinder gezielt auf die Schule vorbereitet, indem sie Buchstaben erlernten, erste Mathematikübungen lösten und Schreibversuche unternommen.
Schon der Fußbodenbelag lässt Erinnerungen wach werden, denn er ist dem typischen braungesprenkeltem Linoleumboden nachempfunden, der damals in Kindergärten und anderen öffentlichen Einrichtungen üblich war. Das hat unter anderem damit zu tun, dass Linoleum eine antistatische und bakteriostatische (das Bakterien-Wachstum hemmende) Eigenschaft hat und somit häufig in Gebäuden mit erhöhten Hygieneanforderungen verlegt wurde.
Der Raum wurde darüber hinaus mit ausschließlich originalen Gegenständen aus verschiedenen DDR-Kindergärten bestückt. Dazu zählen zahlreiche Schlafpritschen in unterschiedlichen Ausführungen, diverses Spielzeug, kleine Stühle, Einrichtungsgegenstände wie etwa eine Garderobe mit Schuhablage, Kleidungsstücke sowie vielfältige Unterlagen und Dokumente wie Rechnungen und Kassenbücher.
Ähnlich der beliebten nachgestellten WBS 70-Plattenbauwohnung am Ende der Dauerausstellung des DDR Museum, bietet der Kindergarten-Raum eine authentische und begehbare Inszenierung, in der sich die Besucher*innen frei bewegen können.