DDR-Geschichte

Abgestürzt - das Ende des Prestigeprojekts „Flugzeug 152“

In der letzten Woche hatten wir über den Start des Projektes „Flugzeug 152“, des ersten deutschen Passagierjets, berichtet. Heute setzen wir diesen zweiteiligen Bericht fort, indem wir über das Ende des „Flugzeugs 152“ und damit auch das Ende der DDR-Luftfahrtindustrie berichten.
von Sören Marotz (27.11.2014)

In der letzten Woche hatten wir über den Start des Projektes „Flugzeug 152“, des ersten deutschen Passagierjets, berichtet. Heute setzen wir diesen zweiteiligen Bericht fort, indem wir über das Ende des „Flugzeugs 152“ und damit auch das Ende der DDR-Luftfahrtindustrie berichten.

Bei der Konstruktion des „Flugzeugs 152“ wurde besonderer Wert auf eine lange Lebensdauer der Zelle, Sicherheit und Wirtschaftlichkeit gelegt. Im Jahre 1957 begann der Vorserienbau. Am 4.12.1958 startete das Versuchsmuster 1 zu seinem Jungfernflug. Dieses erste flugfähige Modell war noch mit sowjetischen Triebwerken ausgerüstet. Der dreißigminütige Flug verlief erfolgreich. Der zweite Flug am 4.3.1959 endete mit einem Absturz aus 400m Höhe. Anscheinend gab es Probleme mit der Kraftstoffzufuhr. Jedenfalls lieferten die Triebwerke den zum Abfangen des Sinkfluges nötigen Schub zu spät, so dass die Strömung abriss. Am 26.8.1960 startet das Versuchsmuster 2, der Prototyp zur Serie, seinen Erstflug. Er verlief ebenso wie der Wiederholungsflug am 4.9.1960 erfolgreich. Bei Enttankungstests stellte sich allerdings heraus, dass es aufgrund mangelhafter Tankentlüftung immer wieder zu Kraftstoffzufuhrproblemen kommen kann. Das Versuchsmuster 3 kam nicht mehr zur Flugerprobung.

Im Oktober 1960 erörterten die zuständigen Entscheidungsgremien, wie ein Ausstieg aus der Flugzeugindustrie in der Praxis aussehen könnte. Hierbei wurden durchaus die negativen Konsequenzen wie die Abwanderung von Fachkräften in die Bundesrepublik und die Probleme einer Umstrukturierung dieses spezialisierten Industriezweiges in Kauf genommen. Immerhin waren 1960 ca. 26.000 meist hochqualifizierte Arbeitskräfte in der Luftfahrtindustrie beschäftigt. Man versuchte die vorhandenen Entwicklungs- und Produktionskapazitäten bestmöglich zu nutzen. Am 28.2.1961 wurde die formelle Entscheidung zum Ende des Flugzeugbaus in der DDR gefällt. Bis zur Auflösung der Flugzeugindustrie gelangte die 152 nicht mehr zur Serienreife. An luftfahrtspezifischen Aufgaben blieb lediglich die Wartung und Reparatur von Zivil- und Militärflugzeugen übrig. Auch die "Fakultät für Luftfahrtwesen" an der TH Dresden wurde aufgelöst. Es bestand kein Bedarf mehr.

Im Zuge des Aufbaus der DDR-Wirtschaft war der Flugzeugbau natürlich nur einer von vielen staatlich besonders geförderten Großprojekten. Auch zum Aufbau der chemischen Industrie und der Energiewirtschaft waren große Investitionen nötig. Bedingt durch die zu Beginn der sechziger Jahre stattfindende Kollektivierung der Landwirtschaft (LPG Gründung) wurden neue Maschinen notwendig, die sich zur agrarischen Großproduktion eigneten. All diese Projekte stellten die Wirtschaft der DDR auf eine harte Probe. Unter den gegebenen Bedingungen des Aufbaus des "ersten sozialistischen Staates auf deutschem Boden" stellte es von Anfang an ein schwieriges Unterfangen dar, einen so komplexen Industriezweig wie den Flugzeugbau relativ autark aufzubauen. In der Summe hatte die DDR ihre Möglichkeiten weit überschätzt.

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