Mit einem Abriss beginnt die Geschichte, und mit einem Abriss endete sie. Der Palast der Republik wurde an einem Ort errichtet, der bereits seit dem Jahr 1950 durch die Sprengung(en) des Stadtschlosses geprägt war. Erst im Jahr 1976 wurde diese Leerstelle in der Stadt gefüllt. Dieses Schloss war während des Zweiten Weltkriegs schwer beschädigt worden, aber dennoch sanierungsfähig. Als die DDR immer mehr internationale Anerkennung erlangte, wuchsen auch die Gedanken über einen Repräsentativbau, der auf diese zunehmende Legitimation unterstützend wirken sollte. Ein knappes Vierteljahrhundert später wurde der Palast der Republik für fast 500 Millionen Ostmark erbaut und war damit das teuerste Bauprojekt in der Geschichte der DDR.
Abb.: Farbfoto vom Palast der Republik in der Dämmerung
Am 2. November 1973 erfolgte die Grundsteinlegung, gefolgt von einem Richtfest am 18. November 1974. Schließlich öffnete der Palast am 25. April 1976 seine Tore für die Öffentlichkeit. In knapp drei Jahren Bauzeit war ein repräsentatives Gebäude entstanden, das Volk und Staat unter einem Dach vereinen sollte. Der Bau sollte das Selbstverständnis der DDR als moderne Republik widerspiegeln, die durch ihre technologischen Erfolge international wettbewerbsfähig und selbstbewusst auftreten wollte.
Abb.: Kaffeeservice aus dem Palast der Republik bestehend aus einer Tasse, einer Untertasse und einem Teller
Die Bevölkerung fand auf den großzügigen 15.300 Quadratmetern einen Ort der anspruchsvollen Freizeitgestaltung, Kultur und Gastronomie. Mit seinen vielfältigen Veranstaltungen und Gaststätten bot er die perfekte Kulisse für fröhliche Feiern. Der »Palast des Volkes« beherbergte 13 Restaurants, eine Bowlingbahn, einen Konzertsaal, ein Theater, zwei Diskotheken, eine Galerie und vieles mehr. Die Vielseitigkeit des Palastes als Ort der Unterhaltung, des Feierns und der gastronomischen Genüsse trug maßgeblich dazu bei, dass er zu einem der beliebtesten Anlaufpunkte für die Bevölkerung der DDR wurde und bis heute so in Erinnerung bleibt.
Abb.: Veranstaltungsbroschüre zum Frühlingsball »Knospenknall« im Palast der Republik aus dem Jahr 1984
Neben den zahlreichen kulturellen Veranstaltungen fand im Palast der Republik auch die Volkskammer, das Parlament der DDR, ihren Sitz. Der kleine Saal bot einen repräsentativen Rahmen für die Sitzungen der Volkskammer, die bis zu vier Mal im Jahr dort stattfanden. Die Nutzung des Gebäudes als Tagungsort für die Volkskammer sollte dessen vielseitige Bedeutung betonen. Nicht nur kulturelle Events fanden dort statt, sondern auch politischen Dialogen wurde Raum geboten – mit dem Volk und für das Volk. Dabei sollte jedoch nicht vergessen werden, dass sich ebenfalls zwei operative Abhörräume der Stasi dort befanden, um politische Veranstaltungen und Volkskammertagungen zu überwachen. Ausgerechnet an diesem Ort, im großen Saal des Palastes, traf die erste frei gewählte Volkskammer der DDR am 23. August die historische Entscheidung über den Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland zum 3. Oktober 1990.
Abb.: Tagung der Volkskammer im Palast der Republik © Bundesarchiv: Bild183-R0624-415
Am 19. September 1990, keinen Monat nach der historischen Abstimmung, wurde der Palast auf Anordnung der Bezirkshygieneinspektion und auf Beschluss des Ministerrats der DDR geschlossen – mit der Begründung der Asbestbelastung. Im November 1998 begann die Sanierung des Palastes, wobei Kritiker*innen darin den ersten Schritt zum späteren Abriss sahen. Durch den Einsatz von Kulturschaffenden wurde erreicht, dass das entkernte Gebäude in den Nullerjahren zeitweise als Ort für Konzerte, Theateraufführungen und Ausstellungen genutzt werden konnte. Diesem eingehauchten neuen Leben wurde jedoch mit dem endgültigen Abriss im Jahr 2006 die Luft genommen.
Abb.: Zeitung BZ am Abend. Ausgabe vom Donnerstag, den 20. September 1990. Jg. Nr. 220.
Inmitten der beispiellosen, über Jahre hinweg öffentlich geführten Debatte von Bürger*innen sowie Expert*innen aus den Bereichen Architektur bis Politik, hatte sich nun eine klare Richtung herauskristallisiert: der Weg zum Wiederaufbau des Stadtschlosses und damit gegen den Erhalt des Palastes der Republik. In dieser Diskussion ging es jedoch nicht nur um die Stadtplanung Berlins, sondern ebenfalls um den Umgang mit der jüngsten Geschichte sowie um Ansprüche und politische Positionierungen. Das Empfinden einer Verurteilung der DDR durch Westdeutsche, die diese Zeit nicht selbst erlebt und gelebt hatten, löste bei einigen Menschen eine Verteidigungshaltung aus. Dies zeigte sich besonders im Kontext der Debatten bei denjenigen, die nostalgische Erinnerungen an schöne Stunden im Palast der Republik hegten.
Abb.: Foto in s/w vom Berliner Dom, dem Fernsehturm und dem Palast der Republik
Unter großem Protest und Diskussion wurde 2020 das Humboldt Forum in dem neu errichteten Stadtschloss eröffnet. In diesem befinden sich das Ethnologische Museum, das Museum für Asiatische Kunst, die Berlinausstellung des Stadtmuseums Berlin und das Humboldt-Labor der Humboldt-Universität zu Berlin. Der Förderverein Palast der Republik setzt sich noch heute dafür ein, das neu errichtete Stadtschloss abzureißen und den Palast der Republik in seinem Zustand von 2005 wiederaufzubauen. Dieser Vorschlag zielt darauf ab, den Palast nicht als ein Prestigeobjekt der DDR zu rekonstruieren, sondern als Kulturraum der Nullerjahre. Die Realisierung dieser Idee bleibt fraglich. Wir werden die Entwicklungen gespannt verfolgen.
Abb.: Modell des Palastes der Republik im DDR Museum
Der Palast der Republik ist in der (ost-)deutschen Erinnerung noch sehr präsent – und wird seit dem 6. Oktober als Modell im Maßstab 1:125 mit einer beachtlichen Größe von 200 cm x 130 cm in der Ausstellung des DDR Museum gezeigt. Dieses Modell gilt als das größte und detaillierteste seiner Art und ruht auf einem Sockel, der aus Originalmaterialien des Palastes gefertigt wurde. Ergänzend werden in den Ausstellungsvitrinen verschiedene Exponate ausgestellt, die den Wandel des Palastes im Laufe der Zeit veranschaulichen. Ein weiteres Highlight sind die Originalteile des Leitsystems und der Beleuchtung an der Decke des Museums, die an den einstigen Palast der Republik – im Volksmund auch »Erichs Lampenladen« genannt – erinnern.