DDR-Design

Vom langen Werden und jähen Ende der KN 501

Fachjournalist und Experte des ostdeutschen Produktdesigns Günter Höhne schreibt für den Museumsblog des DDR Museum. Diesmal stellt er die KN 501 vor. (03.07.2019)

Dialysegerät KN 501 – Foto von Günter Höhne

 

Die Medizintechnik hat bei all ihrer rasanten Entwicklung im 19. Und 20. Jahrhundert erst relativ spät zu der Erkenntnis gefunden, dass jene Gerätschaften, die so sehr dicht am oder gar im Menschen Dienst tun, von ihrem Erscheinungsbild her meist wenig tröstlich wirkten. In der Regel umgab sie eher eine abschreckende, furchteinflößende Aura. Ob Zahnarztstuhl samt Dental-Instrumentarium oder Röntgenapparaturen – noch vor 50 Jahren vermittelten sie den Patienten mehr eine Atmosphäre des Ausgeliefertseins denn der Heilung oder Rettung aus der Not. Das änderte sich deutlich erst im Übergang der 1970iger in die Achtzigerjahre, auch in der DDR.

 

Dialysegerät KN – Foto von Günter Höhne

Produktgestaltung in der Medizintechnik gewann an Bedeutung

Neue Materialien, darunter Kunststoffe und Metalllegierungen sowie der Vormarsch der Elektronik und Miniaturisierung, aber auch verbesserte wie neuartige Wirkverfahren riefen nicht nur Ingenieure und Konstrukteure, sondern zunehmend auch Produktgestalterinnen und -gestalter auf den Plan. Das DDR-Zentrum für die Entwicklung neuer medizintechnischer Verfahren und Geräte war der VEB Medizintechnik Leipzig mit einem ihm angeschlossenen Forschungszentrum in Dresden. Und einer der wichtigsten und traditionsreichsten Hersteller für neue Gerätegenerationen hatte seinen Sitz im Erzgebirge: der VEB Messgerätewerk Zwönitz. Dem Konsumentenvolk war der eher bekannt als Produzent der gängigsten DDR-Magnettonbandgeräte Marke Smaragd (ein Werksentwurf) aus den Fünfziger- oder BG 23 und BG 26 der Sechzigerjahre (beide vom Berliner Industriedesigner Ekkehard Bartsch gestaltet).

 

DDR-Design Magnettonbandgerät der Marke Smaragd – Foto von Günter Höhne

DDR-Design Magnettonbandgerät BG 23 – Foto von Günter Höhne

DDR-Design Magnettonbandgerät BG 26 – Foto von Günter Höhne

 

Aber immer schon verließen das Werk auch medizintechnische Innovationen wie etwa das transportabel-handliche, besonders in ländlichen Ärztezentren und –praxen sowie bei Rettungseinsätzen beliebte EKG-Gerät BEK-3.

 

EKG-Gerät BEK-3 – Foto von Günter Höhne

Ein Herz für Nieren-Patienten: die KN 501

Etwa um 1985 machte in Zwönitz eine revolutionäre Neuentwicklung unter den dortigen Dialyse-Geräten auf sich aufmerksam: die KN 501. Das KN stand für „Künstliche Niere“ und war nicht nur in seiner technologischen Neuausrichtung eine Sensation, sondern auch mit der mehrfach überraschenden und weltweit einzigartigen Formgestaltung. Die hochmoderne Technik mit Folientastatur-Bedien- und Kontrollfeld war in einem Polyurethan-Gehäuse untergebracht, dessen Schalenkonstruktion es erlaubte, Service- und wenn nötig auch Reparatureingriffe bei laufendem Dialyse-Betrieb vorzunehmen. Die gesamte Gestaltgebung überhaupt war sowohl dem Bedienpersonal als vor allem auch dem Patienten gegenüber buchstäblich zugeneigt: Statt der bisher auch international üblichen Modulbauweise aus strengen quaderförmigen Komponenten wies die KN 501 nunmehr ein geschlossenes, harmonisch-freundliches Gesamtbild aus. Dies war die Grundidee der beiden Entwerfer: Dialyse-Patienten, mehrmals in der Woche der Prozedur eines Blutaustauschs ausgeliefert, sollten nicht weiter mit abweisend-kantigen, kaltblütig wirkenden Apparaturen konfrontiert werden, sondern auch optisch eine Art Vertrauensverhältnis zur Anlage und ihrem Personal gewinnen können.

 

DDR-Design Dialysegerät KN 501 – Foto von Günter Höhne

Mit der Wende kam das Aus für die KN 501

Als 1989 die Serienproduktion der KN 501 begonnen hatte, kam die Wende „dazwischen“ und traten in den ostdeutschen Bundesländern Dialyseapparate-Produzenten aus dem Westen auf den Plan, die hier ihre Überbestände an traditionellen Geräten absetzen konnten. Die Produktion der KN 501 in Zwönitz-Thalheim musste eingestellt werden.

Das hier gezeigte Exemplar stammt aus der Berliner Designsammlung Höhne und wurde vor zehn Jahren dem Deutschen Hygienemuseum in Dresden als Schenkung übergeben.

Über Günter Höhne:

Günter Höhne ist Autor mehrerer DDR-Design Bücher wie „Penti, Erika und Bebo Sher“, „Wohnungen für alle: Vom Leben im Plattenbau“ und „Das große Lexikon: DDR-Design“. Seine zuletzt im Komet Verlag erschienen und kurzzeitig vergriffenen beiden Bände mit dem Titel DDR Design (Untertitel: Kultur im Heim bzw. Arbeit, Freizeit, Ferien) sind jüngst im Originalformat bei Bild und Heimat, Berlin neu aufgelegt worden. Einige seiner Bücher sind auch vor Ort in unserem Museumsshop erhältlich.

 

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