DDR-Geschichte

Ziviler Reiseverkehr mit der Deutschen Lufthansa und Interflug

Am 4. Februar 1956 eröffnete die Deutsche Lufthansa ihren Linienflugbetrieb auf der Strecke zwischen Ostberlin und Warschau. Zwei Jahre später wurde die Fluggesellschaft Interflug gegründet. In unserer Sammlung befinden sich zahlreiche Objekte aus den 33 Jahren der Interflug. von Jörn Kleinhardt (04.02.2021)

Die Anfänge des DDR-Flugverkehrs

In den 1950er-Jahren nahm die Bedeutung der zivilen Luftfahrt weltweit zu. Gründe dafür waren die technische Entwicklung im Flugzeugbau, die wirtschaftliche Zusammenarbeit über Staatsgrenzen hinweg sowie die geweckte Reiselust der Bevölkerung. Auch in der DDR erkannte man die Bedeutung des zivilen Luftverkehrs und beauftragte den Ministerrat mit der Bildung der ersten deutschen Fluggesellschaft der DDR. Nach langen Verhandlungen und Abstimmungen mit der sowjetischen Besatzungsmacht wurde am 28. April 1955 folgender Beschluss des Präsidiums des Ministerrates der DDR veröffentlicht: »Zur Durchführung des zivilen Personen- und Frachtluftverkehrs ist mit Wirkung vom 1. Mai 1955 die Deutsche Lufthansa zu gründen. Die Deutsche Lufthansa untersteht dem Ministerium des Innern.« Am 1. Juli desselben Jahres ernannte der Ministerrat die erste Betriebsleitung des Unternehmens, Hauptdirektor in den Anfangsjahren wurde mit Arthur Pieck der Sohn des amtierenden Präsidenten der DDR, Wilhelm Pieck. Am 16. September 1955 erfolgte der erste offizielle Flug nach Moskau. Ein paar Monate später, am 4. Februar 1956, eröffnete die Lufthansa den Linienflugbetrieb auf der Strecke Berlin-Warschau.

Anfangs stellte die Deutsche Lufthansa lediglich das Bodenpersonal, Flugzeuge mitsamt Piloten und Bordpersonal stammten ausschließlich aus der Sowjetunion. Erst ab 1956 wurden Maschinen vom Typ »Iljuschin IL-14« aus der Sowjetunion angekauft und eigenständig Piloten ausgebildet. Den ersten »echten« deutschen Linienflug zwischen Berlin und Moskau flog Pilot Gerhard Frieß am 13. März 1957.
 

Gepäckschild Deutsche Lufthansa

Gepäckschild der Deutschen Lufthansa – ©DDR Museum

Von der Deutschen Lufthansa zur Interflug

Da ebenfalls eine westdeutsche Lufthansa existierte und sich ein Rechtsstreit um Markennamen und Logos anbahnte, wurde bereits am 8. September 1958 eine zweite Fluggesellschaft, die »Interflug Gesellschaft für internationalen Flugverkehr mit beschränkter Haftung«, gegründet. Nach mehreren juristischen Prozessen wegen der Verwendung des Namens und Logos wurde die Deutsche Lufthansa 1963 in der DDR liquidiert und der bestehende Flugbetrieb von der Interflug weitergeführt. Neben dem regulären Verkehrsflug wurden auch andere Sparten wie Agrarflug, Bildflug und die Flugsicherheit unter der Dachmarke Interflug vereint.

Modellflugzeug Interflug DDR-Flotte

Flugzeugmodell Interflug »Tupolew Tu-134« – ©DDR Museum

Die Expansion im Laufe der Zeit

Das Streckennetz der Lufthansa / Interflug beschränkte sich anfangs auf osteuropäische Ziele und schwerpunktmäßig auf den Flugbetrieb zu den zweimal jährlich stattfindenden Messen in Leipzig. Mit zunehmender internationaler Anerkennung der DDR, vor allem in Asien, Afrika und dem Mittleren Osten, wurden dortige Destinationen in das Streckennetz aufgenommen. Um diese weiteren Strecken zu bewältigen, wurden ab 1960 Flugzeuge vom Typ »Iljuschin IL-18« angeschafft, welche über eine höhere Reichweite und bessere Motorisierung als die »IL-14« verfügten. In den 1960er-Jahren trugen die angeschafften »IL-18« die Hauptlast des Reiseverkehrs. Ab 1968 begann bei der Interflug die Ära der Strahlflugzeuge mit Maschinen des Typs »Tupolew TU-134«. Ergänzt wurde die Flotte der Interflug ab 1970 durch die »Iljuschin IL-62«, einem strahlgetriebenen Langstreckenflugzeug. Beide Flugzeugtypen wurden bis zum Ende der Interflug im Jahr 1991 eingesetzt.

Turbulente Zeiten

Der Betrieb dieser strahlengetriebenen sowjetischen Flugzeugmuster wurde durch stetig steigende Ölpreise ab Mitte der 1970er-Jahre immer unrentabler und zwang die Betreiber der Interflug zum Umdenken. Da die sowjetische Luftfahrtindustrie in den 1980er-Jahren keine besseren Maschinen bereitstellen konnte, erwarb man 1989 drei »Airbus A310«​​​​​​​-Flugzeuge. Diese ermöglichten im Gegensatz zu den sowjetischen Modellen wieder einen wirtschaftlicheren Betrieb, boten mehr Komfort für die Passagiere und entsprachen dem aktuellen Stand der Luftfahrttechnik. Erst am 11. August 1989 wurde die erste reguläre innerdeutsche Verbindung zwischen Leipzig und Düsseldorf in das Streckennetz aufgenommen.

Die turbulente Entwicklung rund um die Wiedervereinigung Deutschlands machte auch vor der Interflug nicht Halt. Im Jahr 1989 verfügte die Sparte »Verkehrsflug« der Interflug über 40 Maschinen, wovon allerdings nur die drei geleaste Airbus-Maschinen wirtschaftlich zu betreiben waren. Zahlreiche Einschränkungen im Streckennetz und mangelnde Auslastung auf den Flügen führten dazu, dass sich die Interflug nicht auf dem internationalen Markt behaupten konnte. Am 31. April 1991 absolvierte eine betagte »TU-134« den letzten Linienflug des Unternehmens zwischen Berlin und Wien. Danach wurde das Unternehmen liquidiert, zahlreiche Mitarbeiter*innen verloren ihre Arbeit und der vorhandene Fuhrpark wurde zu großen Teilen verkauft.

In unserem Sammlungsbestand befinden sich zahlreiche historische Zeugnisse der Interflug. Neben Streckenplänen aus verschiedenen Jahrzehnten besitzt das DDR Museum Fotografien, Postkarten, Flugtickets, aber auch Karikaturen zum Thema. Das Modell der »TU-134« in den Interflug-Farben sticht als echter Hingucker heraus. Natürlich gehören auch zahlreiche klassische Merchandise-Artikel wie Erfrischungstücher, Spielkarten, Handtücher, Socken oder Werbebroschüren zu unserer Sammlung. Eine Auswahl der Exponate zeigen wir in der rechten Spalte dieses Beitrags.

Bordjournal Interflug DDR

Bordjournal der Interflug – ©DDR Museum

 

Anmerkung der Redaktion: Der Artikel erschien erstmals am 4. Februar 2016 auf unserem Blog.

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