DDR-Musik

Stromgitarren in der DDR - ohne Lötkolben ging nichts

Ohne West-Bühnentechnik war man am Basteln. In jeder Band verstand sich zumindest einer darauf. Alles was fehlte wurde abenteuerlich zusammengelötet. Auch wenn sich die Lage spätestens seit den 1980er Jahren etwas entspannte, blieb ein grundlegender Mangel an Equipment aus eigener Produktion bis zum Ende der DDR bestehen.
von Sören Marotz (26.05.2015)

Ohne West-Bühnentechnik war man am Basteln. In jeder Band verstand sich zumindest einer darauf. Alles was fehlte wurde abenteuerlich zusammengelötet. Auch wenn sich die Lage spätestens seit den 1980er Jahren etwas entspannte, blieb ein grundlegender Mangel an Equipment aus eigener Produktion bis zum Ende der DDR bestehen.

Bevor 1964 die erste Beat-Platte der DDR mit E-Gitarrenmusik erschien, fühlte sich ein auf diesem Album vertretener Gitarrist von der staatlichen Produktion besonders benachteiligt: Dieter Franke vom Franke-Echo-Quintett. Franke spielte damals eine selbst gebaute E-Gitarre mit drei (!) Hälsen. In der Ausgabe Nr.23 der Zeitschrift Melodie und Rhythmus von 1964 beklagte er sich darüber, dass der Handel ausschließlich ungeeignete Resonanzgitarren anbot: „...empfindliche Tonabnehmer, gut ansprechende Glissando-Hebel, niedrigste Saitenlage sowie flache Bünde und Hälse waren nun aber einmal Voraussetzung für den im Kommen befindlichen ‚Gitarren-Sound‘ “. Die Gruppe bediente den Lötkolben anscheinend nicht weniger virtuos als ihre Instrumente, stellte der Autor Michael Rauhut dazu in seinem Buch „Rock in der DDR“ treffend fest.

Egal ob staatstragend oder systemkritisch: Die E-Gitarre gehörte bei protegierten Gruppen wie den „Puhdys“ oder „Karat“, als auch bei unangepassten Combos wie „Renft“ oder „Sandow“ einfach dazu. Der Mangel an brauchbaren E-Gitarren, Effektgeräten und Verstärkern einheimischer Produktion sowie deren geringes Prestige ließ allerdings fast alle Profi-Musiker zu den großen Namen wie FENDER oder GIBSON greifen. Aber auch mit einer IBANEZ machte man schon ordentlich was her. Neben den üblichen Wegen, auf denen Westwaren in den Osten kamen, soll es auch offiziell über das Kulturministerium und das Generalkomitee für Unterhaltungskunst bezogene Westgitarren gegeben haben. Uwe Hassbecker (Silly) erhielt 1987 eine IBANEZ-Roadstar als Gage für seine Studiomusiker-Parts auf der Solo-LP von Quaster (Puhdys) und zeigt somit einen weiteren Weg zur Beschaffung von Instrumenten auf.

Natürlich konnte man auch versuchen, die Wunschgitarre über den staatlichen An- und Verkauf oder von einem Musiker für DDR-Mark zu kaufen. Fritz Puppel, Gitarrist von „City“, zum Beispiel war eine beliebte Anlaufstelle bei Instrumentenwünschen. Vielfach ging die Gage der Bands drauf, um Kredite für die Musikanlage abzuzahlen und Instrumente zu besorgen. Trotzdem musste keiner am Hungertuch nagen, schließlich ließ sich auch der alte Kram weiter veräußern.

Trotzdem ließ der Mangel an brauchbaren Instrumenten und Verstärkern aus einheimischer Produktion viele Techniker und Musiker zum Lötkolben oder besser gleich zu den großen „Westmarken“ greifen. Schätzungen zufolge lag deren Anteil im Profi-Bereich bei etwa 80-90 Prozent: Ohne West-Klampfe keine Ost-Mugge.

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