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Kuba-Apfelsinen, Bückware und 1000 kleine Dinge

In diesem von Thomas Kupfermann herausgegebenen Buch wird auf ca. 100 Seiten das Thema Konsum in der DDR unter die Lupe genommen.
(14.07.2016)

Kuba-Apfelsinen, Bückware und 1000 kleine Dinge, hrsg. v. Thomas Kupfermann, Magdeburg 2013.

Thomas Kupfermann ist freiberuflicher Autor für verschiedene Verlage. Er lebt in Berlin und hat schon eine ganze Auswahl an Büchern zum Thema DDR herausgegeben.

In diesem von ihm herausgegebenen Buch wird auf ca. 100 Seiten das Thema Konsum in der DDR unter die Lupe genommen. Es beginnt mit der Aufbauzeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Flaniermeilen entstehen in den größeren Städten, Einkaufen soll in der Zukunft wieder Freude machen. Auch in der DDR war der Konsum nicht darauf beschränkt, die Bevölkerung zu versorgen. Bedürfnisse sollten immer besser befriedigt werden und zeitgleich die Verkaufskultur verbessert werden. Dies ging sogar über die geschmackvolle Einrichtung der Läden hinaus. Werbung hatte neben anderen Funktionen die erfolgreiche Wirtschafts- und Handelspolitik des Staates zu propagieren. Vor allem war Werbung aber auch dazu da, den Konsum zu lenken. Was in Überfülle vorhanden war, musste abgesetzt und neue Produkte bekannt gemacht werden.

Ein Konsumverzicht wurde somit auch in der DDR nicht verbreitet. Es ging aber dennoch nicht darum materiellen Besitz, Luxusgüter, anzuhäufen. Jeder sollte – gleich – nach seinen Bedürfnissen versorgt sein. Die Planwirtschaft ermöglichte dies allerdings nicht in ausreichendem Maße. Konsum war eben doch nicht planbar, die individuelle Bedürfnisbefriedigung hatte für die Bürger stets, wie im Westen, Vorrang. Auch der Staat hatte reagiert: Intershops, Delikat und Exquisit boten die ersehnten Waren, die die Konsumwünsche der Bevölkerung nur noch anwachsen ließen. Allen drei Handelseinrichtungen widmet das Buch ein Unterkapitel.

Viele Güter waren nicht in ausreichender Menge verfügbar, der Mangel führte zu Unzufriedenheit. Da eine Konsumgeschichte der DDR nicht ohne den Umgang mit den nicht verfügbaren Konsummöglichkeiten auskommen kann, wird diesem Thema ein weiteres Kapitel gewidmet, das die Wirtschaftspolitik der SED genauer beleuchtet. Insbesondere anhand der Kampagne für die 1000 kleinen Dinge, alltägliche Massengebrauchsgegenstände, die nicht in ausreichender Menge oder gar nicht produziert wurden, wird deutlich, welche Schwächen die Planwirtschaft aufwies. Die Industrie wurde verpflichtet nebenbei Massenbedarfsgüter herzustellen. Dass alle der über 700 fehlenden Positionen daraufhin produziert würden, wurde allerdings nicht geprüft.

Dennoch wird darauf hingewiesen, dass die Nahrungsmittelgrundversorgung sowie die Versorgung mit Textilien und Verbrauchsgütern den Bedarf deckten. Lediglich der so genannte „gehobene Bedarf“ konnte nur über hohe Ausgaben und Devisen befriedigt werden. Allerdings wird angemerkt, dass nicht alle Waren zu jeder Zeit und an jedem Ort zur Verfügung standen und oftmals auch nicht in guter Qualität.

Das entstehende Handelsnetz ist ein weiteres Thema des Buches. Es umfasste verschiedene Warenhäuser, Kaufhallen und Spezialverkaufsstellen, die nun ab den 60er Jahren in Selbstbedienung Waren verkauften, während der private Handel zurückgedrängt wurde.

Einige Konsumbereiche werden daraufhin genauer beleuchtet: Obst und Gemüse, Kohle zum Heizen, Bekleidung, Möbel, technische Haushaltsgeräte und Bücher. Insbesondere bei letzterem wird ein weiteres Phänomen der Planwirtschaft angesprochen: die Bückware. Leider wird sie an dieser Stelle aber nicht ausreichend behandelt, denn über sie wäre mehr zu sagen gewesen, als dass es sich hierbei um begehrte Mangelware handelte.

Immerhin widmet sich ein ganzes Kapitel den Mechanismen der Mangelgesellschaft, die stets auf der Hut war, begehrte Waren zu erstehen. Der Dederonbeutel wurde deshalb immer mitgeführt. Ferner entstand ein reger Tauschhandel von Waren. Kontakte und Beziehungen brachten einen hier voran. Jeder hatte etwas anzubieten, woran es einem anderen mangelte. Zwar entsprach das nicht der „sozialistischen Moral“, aber der Tausch versorgte mit benötigten Waren. Eine weitere Möglichkeit Benötigtes zu finden, war ein Besuch im A & V. Diese Gebrauchtwarenläden boten eine Vielzahl an Waren aus zweiter Hand – allerdings nicht den begehrten Trabi. Der konnte nur von privat zu privat erstanden werden und kostete oft weit höhere Summen als ein neuer.

Das Buch endet mit einem Kapitel mit der Überschrift „Konsum-Träume“. Hier geht es um besondere Konsumformen in der DDR, die ganz eigene Probleme und Unzufriedenheiten in der Bevölkerung hervorriefen. Neben den bereits erwähnten Intershops wird der Versandhandel in der DDR beleuchtet, der aufgrund von Warenmangel die Bestellungen seiner Kunden nicht erfüllen konnte, sowie der Genex-Geschenkdienst betrachtet. Über diesen konnte die Westverwandtschaft Waren für die Familienmitglieder in der DDR bestellen - für Westgeld versteht sich –, die dann innerhalb kürzester Zeit ausgeliefert wurden. So erfolgte die Lieferung eines Trabants innerhalb weniger Wochen.

Wer sich mit der Konsumgeschichte der DDR befassen möchte, ohne dabei gleich sehr in die Tiefe zu gehen, der ist mit diesem schön gestalteten Buch an der richtigen Adresse.

Immer wieder kommen im Buch auch Zeitzeugen zu Wort, die von ihren persönlichen Erlebnissen erzählen. Darüber hinaus findet man Ausschnitte aus Originalquellen und Kurzübersichten zu einzelnen zentralen Themenfeldern. Dies macht das Lesen abwechslungsreich und illustriert die Aussage der Sachtexte.

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