DDR-Film

Filmklassiker der DEFA

Im Laufe der Jahre hat die Deutsche Film AG, kurz DEFA, zahlreiche Filmklassiker geschaffen. In diesem Beitrag stellen wir ein paar ausgewählte Filme vor und zeigen die dazugehörigen Filmbegleithefte aus unserer Sammlung. von Jörn Kleinhardt (20.10.2021)

Der erste Film nach dem Krieg

Den Anfang macht der Film »Die Mörder sind unter uns«, welcher als erste deutsche Filmproduktion der Nachkriegszeit Geschichte schrieb. Für die Regie des ersten deutschen Trümmerfilms wurde Wolfgang Staudte engagiert. Die weibliche Hauptrolle wurde mit der bis dato relativ unbekannten Hildegard Knef besetzt. Im März 1946, zwei Monate vor der Gründung der DEFA, begannen die Dreharbeiten zum Film im kriegszerstörten Berlin, das passend zur Thematik des Films eine eindrucksvolle Kulisse bot. Der Film handelt von der Bewältigung von Kriegstraumata durch die von Ernst Wilhelm Borchers verkörperte Figur des Dr. Hans Mertens. Der Film erhielt überwiegend positive Kritiken und wurde zum internationalen Kassenschlager. Ihre Rolle machte Hildegard Knef schlagartig einem breiten Publikum bekannt und schließlich zum Filmstar der frühen Nachkriegszeit.

Filmbegleitheft des DEFA-Films »Die Mörder sind unter uns«

Das erste DEFA-Märchen

Der erste mit Schauspielern und Schauspielerinnen besetzte Märchenfilm der DEFA, »Das kalte Herz«, war zugleich auch der erste in Farbe produzierte Film in der DDR. Gedreht wurde das Märchen 1950 unter der Regie des Westdeutschen Paul Verhoeven. Als Literaturvorlage diente Wilhelm Hauffs gleichnamiges Märchen aus dem Jahr 1827. Für die Dreharbeiten wurden weder Kosten noch Mühen gescheut: Der Drehstab betrug bis zu 50 Personen, die aufwändige Tricktechnik verschlang zudem Unmengen an Geld. »Das kalte Herz« war mit knapp 4 Millionen Mark eine der teuersten Produktionen der DEFA, weswegen eine zukünftige Zusammenarbeit mit dem Regisseur Verhoeven durch die DEFA ausgeschlossen wurde. Trotz der immensen Produktionskosten wurde die Märchenverfilmung mit Lutz Moik als Peter Munk und Erwin Geschonnek als Holländer Michel zu einem der erfolgreichsten DEFA-Filme überhaupt und erreichte allein 9,8 Millionen Kinobesucher*innen. Der Film gilt als Auftakt der beliebten Kinder- und Märchenfilmreihe der DEFA.

Filmbegleitheft des DEFA-Films »Das kalte Herz«

Holocaust als Filmthema

Im Jahr 1959 erschien die deutsch-bulgarische Koproduktion »Sterne« in den ostdeutschen Kinos. Der Filmtitel ist eine Anspielung auf den »Gelben Stern«, welcher zu Zeiten des Nationalsozialismus von der jüdischen Bevölkerung sichtbar getragen werden musste. Der Film gilt als erstes Werk, das sich mit dem von Deutschen begangenen Holocaust auseinandersetzt, ein Umstand, welcher in der Bundesrepublik und im Westteil Berlins für Unmut sorgte. Der Filmkritiker der Berliner Morgenpost, Günther Geissler, äußerte sich 1960 wie folgt: »Daß ein so gerechter und reiner Film ausgerechnet von der sowjetischen DEFA stammt, mag, wie manche sagen, eine Schande sein. Ich weiß eine viel größere Schande: daß unsere freie Filmproduktion noch immer keine gleichwertige Auseinandersetzung mit dem so schmerzenden Thema zustandegebracht hat, um das es hier geht.« Für die Regie wurde Konrad Wolf verpflichtet, der für den Film den »Nationalpreis der DDR« verliehen bekam. Gedreht wurde im Jahr 1958 in Sofia/Bulgarien. 1960 kam das Werk in einer leicht geschnittenen Version auch in die westdeutschen Kinos. 1995 wurde »Sterne« vom Verbund deutscher Kinematheken zu einem der 100 wichtigsten deutschen Filme gewählt.

Filmbegleitheft des DEFA-Films »Sterne«

Filmzensur: »Spur der Steine«

Mitte der Sechziger, genauer 1966, sollte der Gegenwartsfilm »Spur der Steine« in die ostdeutschen Kinos kommen. Ursprünglich basiert der Film auf dem gleichnamigen Roman von Erik Neutsch aus dem Jahr 1964. Für die Regie wurde Frank Beyer engagiert. Zudem konnten bekannte Schauspieler*innen wie Manfred Krug oder Eberhard Esche für die Produktion gewonnen werden. Als Drehorte dienten unter anderem die Industriegebiete von Leuna und Schwedt. Nachdem der durchaus kritische Gegenwartsfilm Ende Oktober 1965 die Freigabe durch die Hauptverwaltung Film des Ministeriums für Kultur erhielt, wurde der Streifen am 15. Juni 1966 im Rahmen der 8. Arbeiterfestspiele in Potsdam uraufgeführt. Bei der Filmpremiere vom 30. Juni 1966 im Ostberliner Kino International kam es in Anwesenheit von Regisseur sowie Hauptdarstellern und Hauptdarstellerinnen zum Eklat. Organisierte, massive Proteste und Zwischenrufe kritisierten die Darstellung von Arbeitern und Parteisekretären im Film. In anderen großen Städten zeigte sich ein ähnliches Bild. Daraufhin wurde der Film nach nur einer Woche Kinobetrieb aus dem Programm genommen und verschwand für mehr als zwei Jahrzehnte in den DEFA-Archiven. Regisseur Beyer wurde die Verfälschung und Verfremdung der Romanvorlage vorgeworfen. Trotz Interventionen von Autor Erik Neutsch durfte Beyer jahrelang keine Kinofilme realisieren. Erst im Zuge der politischen Wende im Jahr 1989 kam der Film am 23. November zurück in die DDR-Kinos und konnte so von einem breiten Publikum gesehen werden.

Filmbegleitheft des DEFA-Films »Spur der Steine«

 

Anmerkung der Redaktion: Der Blogartikel erschien erstmals am 8. März 2018.

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