Veranstaltung

Zu Gast im DDR Museum: Hans Modrow

In der Gesprächsreihe „Was wir wollten – was wir sind“ sprach Christian Booß mit Hans Modrow.
von Dr. Stefan Wolle (07.07.2016)

In der Gesprächsreihe „Was wir wollten – was wir sind“ sprach Christian Booß mit Hans Modrow.

Nach Rolf Henrich, Steffen Reiche und Peter-Michael Diestel trat am 7. Juli 2016 in der von Christian Booß moderierten Gesprächsreihe erstmals ein Vertreter der SED auf, der langjährige SED-Bezirkssekretär von Dresden und Ministerpräsident des Übergangs, Hans Modrow.

Ganz sicher hat der erfahrene Politiker Modrow im DDR Museum kein ostalgisch-freundlichen Rückblick auf die goldenen Zeiten der DDR erwartet. Dass er trotzdem gekommen ist, spricht für ihn. Sein Gesprächspartner, der Journalist und Historiker Christian Booß, hat ihm dann auch nichts geschenkt. Er stellte sehr direkte und teilweise sogar unangenehme Fragen. So entwickelte sich ein spannungsreicher Dialog, der in allen Facetten sicherlich nur zu verfolgen war, wenn man die Ereignisse der Wendejahre 1989/90 ohnehin gut kannte. Hans Modrow präsentierte sich als Mann der politischen Verantwortung, der in der brisanten Übergangszeit einen kühlen Kopf und das Augenmaß für das Mögliche bewahrt hatte. Er war seiner eigenen Schilderung zufolge als Ministerpräsident nicht mit einer Utopie für eine gewandelten Sozialismus angetreten. Sein Hauptziel war die Vermeidung gewaltsamen Konflikten gewesen. Diese retrospektive Interpretation seines politischen Handelns wirkte überzeugend und wurde auch vom Moderator akzeptiert.

Schwieriger war der Rückblick auf die vierzig Jahre DDR-Geschichte. Modrow durchlief eine lupenreine Funktionärskarriere im Dienste der Staatspartei. Auf die Frage, ob er niemals Zweifel an der Berechtigung politischer Zwangsmaßnahmen hatte, antwortete er mit ausufernden Anklagen gegen den BRD-Imperialismus und berichtete von Uraltfällen aus den fünfziger Jahren, in denen tatsächlich einige kommunistische Funktionäre hinter Gittern saßen. Da wurde in Hans Modrow, der FDJ-Agitator der frühen Jahre wieder wach. Interessanter waren seine abschließenden Ausführungen zur gegenwärtigen Lage. Hier griff er auf die eigene Familiengeschichte zurück. Sein Vater war während der Weltwirtschaftskrise mit seiner Bäckerwerkstatt gescheitert. Er zog daraus die Konsequenz, erst zum Wähler dann zum Mitglied der NSDAP zu werden.

Heute sieht Modrow wieder viele Menschen, die sich von sozialen Ängsten verleiten lassen, rechten Bewegungen hinterherzulaufen. Das macht ihm Sorge. Und darin wollte ihm auch der Moderator nicht widersprechen.

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