DDR-Design

RG 28 – die Legende lebt! Vom Küchenwunder zum Filmhelden...

Günter Höhne, Experte für Industrielle Formgestaltung in der DDR, schreibt über das RG 28.
(19.12.2016)

Seit diesem Herbst macht ein elektrisches Handgerät für die Küche in Deutschland Kino-Karriere. Rund 60 Filmtheater zwischen Ahrenshoop und Alpen haben seinen Auftritt in ihre Progamme aufgenommen, nachdem es in seinem Geburtsort Suhl Ende September eine strahlende Premiere erlebte: Die Rede ist vom multitalentierten RG 28 und dem ihm gewidmeten Anderthalbstunden-Film „Kommen Rührgeräte in den Himmel?“

Es wird nicht in den Himmel kommen, sprich samt und sonders nach kurzem Haushalthelfer-Leben seinen Geist aufgeben und „recycelt“, also durch den fein gefilterten Schornstein der Müllverbrennungsanlage nach oben entschweben, sondern es rührt und knetet und zerkleinert und schleift sogar Messer bis scheinbar in alle Ewigkeit. Denn es ist handlich, unverwüstlich zuverlässig dank seines soliden Innenlebens, wartungs- und reparaturfreundlich und zeitlos unaufdringlich nett anzusehen. Professionell, funktional gestaltet und nicht gestylt und zum alsbaldigen Wegwerfen geboren wie seine schnuckelig verformten Taugenichts-Nachkommen von heute. Deshalb wird es, das vor über 40 Jahren durch den VEB Elektrogerätewerk Suhl in Dienst gestellte Handrühr- und Mehrzweckgerät RG 28, auf Internet-Gebrauchtwaren-Portalen für Summen ersteigert, die den Kaufpreis für ein „modernes“ Gerät übertreffen.

Und unglaublich, aber wahr: Selbst Vorgänger aus den 1960er Jahren wie das Komet-RG 3, das RG 5 und das RG 25 sind in manchen ostdeutschen Haushalten immer noch in Gebrauch und gar nicht „altmodisch“. Gestaltet wurden sie damals schon allesamt von ausgebildeten Designern; das RG 3 von Dieter Schwerdtle, damals Student an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee, das RG 5 von Christa Bohne, ebenfalls dort ausgebildet, und das RG 28 vom Diplomformgestalter Kurt Boeser, der bis 1966 an der Hallenser Burg Giebichenstein studiert hat und bei vielen weiteren Elektrogeräten „die Hand mit im Spiel“ hatte, von Staubsaugern bis zu Bohrmaschinen. Die meisten von diesen Dingen sind auch heute noch auf der Höhe der Zeit. Oder eben doch nicht mehr? Naja – weil sie eben zum Wegwerfen zu nützlich und zu ansehnlich geblieben sind.

Mehr Informationen zum Film gibt es hier: www.rg28.de

Text und Bilder: Günter Höhne 

 

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