DDR-Geschichte

Kinderbücher in der DDR

Bis heute erfreuen sich Kinderbücher aus der DDR großer Beliebtheit und werden von Generation zu Generation weitergereicht. Am Beispiel von drei Büchern gehen wir auf die Geschichte und die Hintergründe der DDR-Kinderliteratur ein. (31.05.2022)

Kinderbücher hatten in der DDR einen sehr hohen Stellenwert. Bereits zum 1. Juni (internationaler Kindertag) im Jahre 1949, also rund vier Monate vor Gründung der DDR, wurde von der SED auf Anraten der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland (SMAD) der Kinderbuchverlag Berlin gegründet. Dieser wurde zwar der Pionierorganisation »Ernst Thälmann« unterstellt, Eigentümerin blieb jedoch, ohne dass die Mitarbeiter*innen davon wussten, die SED.

Nach der Wiedervereinigung wurde der Verlag zunächst stark verkleinert und von der Treuhand verkauft. Nach langem Hin und Her wurde er schließlich vom Beltz Verlag übernommen, der unter dem Namen »Der KinderbuchVerlag« nach wie vor einige Titel aus DDR-Zeiten verlegt.

An Kinder- und Jugendbüchern herrschte in der DDR definitiv kein Mangel. Allein im Kinderbuchverlag Berlin erschienen zwischen 1949 und 1989 knapp 5.000 Titel mit einer Gesamtauflage von etwa 300 Millionen Exemplaren. Doch nicht nur die Fülle war beeindruckend, auch qualitativ mussten die Bücher keinen internationalen Vergleich scheuen. Ein Großteil war weit über die Grenzen der DDR bekannt sowie beliebt und blieb dies auch über viele Jahre. So zum Beispiel »Der kleine Angsthase«. Das Buch, geschrieben und illustriert von Elizabeth Shaw, erschien bereits 1963 und ist seither Teil (nicht nur ost-)deutscher Kinderzimmer. 

Kinderbuch »Der kleine Angsthase«

Elizabeth Shaw fasste den Begriff des »Angsthasen« wörtlich auf und kreierte ein Hasenkind, das von seiner Großmutter vor allen möglichen Gefahren gewarnt und dadurch zum Angsthasen wird. So fürchtet es sich vor Hunden, denn »Hunde beißen«, vor der Dunkelheit, denn »es gibt Räuber und Gespenster«, vor dem Wasser, denn »im Wasser kann man ertrinken« und vor großen Jungen: »Sie werden dir wehtun.«

Ausgelacht von den anderen Kindern und ziemlich einsam spielt es lieber mit dem ganz kleinen Hasen Ulli. Als jedoch eines Tages der »böse Hasenfeind«, der Fuchs, ins Dorf kommt und drauf und dran ist, den ganz kleinen Ulli zu fressen, überwindet der Angsthase seine Furcht.

Kinderbuch »Der kleine Angsthase«

Was ebenso allgegenwärtig in den Kinderzimmern des »Leselandes DDR« war: »Die kleinen Trompeterbücher«. Dies war eine Kinderbuchreihe für Kinder ab 8 Jahren. Die Bücher im Format 15 x 10,5 cm hatten einen Hartpappeinband und kosteten − staatlich subventioniert − 1,75 Mark bzw. 2,40 Mark für den Doppelband. Der Name der Reihe geht auf Fritz Weineck zurück, der als Hornist im Rot Frontkämpferbund, dem paramilitärischen Kampfverband der Kommunistischen Partei Deutschlands, tätig war. Dieser wurde 1925 bei einer Wahlkampfveranstaltung von der Polizei erschossen und in der DDR als kommunistischer Märtyrer verehrt. Seine Geschichte ist als Band 1 der Reihe erschienen, welche zuletzt fast 200 Bände umfasste und gemäß den um ihn kreierten Mythos entsprechende Werte vermitteln sollte.

Kinderbuch »Bootsmann auf der Scholle«

Band 3 dieser Reihe war »Bootsmann auf der Scholle« von Benno Pludra mit Bildern von Werner Klemke, einem der bekanntesten Illustratoren des Landes. Auch dieses Buch, erstmals 1959 erschienen, erfreut sich nach wie vor großer Beliebtheit. »Bootsmann« ist der Name eines Hundes, der Kapitän Bräsing gehört. Die Kinder Uwe, Katrinchen und Jochen spielen an einem Wintertag am Ufer mit dem Hund. Als Jochen und Bootsmann wild auf einer Scholle spielen, bricht diese plötzlich – Jochen kann sich ans Ufer retten, Bootsmann jedoch treibt mit der Scholle ab. Eine verzweifelte Rettungsaktion beginnt. Eine Geschichte nicht nur über Freundschaft, sondern auch über Hilfsbereitschaft.

Kinderbuch »Schlaf gut, kleiner Stern«

Als drittes stellen wir »Schlaf gut, kleiner Stern« vor, die 20 »schönsten Gute-Nacht-Geschichten und Gedichte«. Bekannte und in Vergessenheit geratene Bilderbuchhelden der DDR begleiten die kleinen Zuhörer und Zuhörerinnen in den Schlaf und schaffen beim Vorlesen eine wundervolle Atmosphäre. Die lustigen und warmherzigen Texte sind durchgängig üppig bebildert und enthalten Geschichten und Originalillustrationen beispielsweise von Benno Pludra und Elizabeth Shaw, aber auch von Rudi Strahl, Ingeborg Meyer-Rey, Hoffmann von Fallersleben, Theodor Storm, den Gebrüdern Grimm sowie vielen weiteren mehr. Zu finden sind hier u. a. die Geschichten »Ulrikchen, gute Nacht«, »Der kleine Häwelmann«, »Jana und der kleine Stern« , »Schlafe, liebes Elselein« oder »Der Hase und der Igel«.

Frag Dr. Wolle auf YouTube – Kinderliteratur in der DDR

Der wissenschaftliche Leiter des DDR Museum, Dr. Stefan Wolle, beantwortet regelmäßig Fragen aus den Sozialen Netzwerken zur DDR-Geschichte. In dieser Folge geht er auf die inhaltliche Ausrichtung der Kinderliteratur in der DDR ein und erklärt, warum Kinderbücher der DDR auch heute beliebt sind.

 

Anmerkung der Redaktion: Der Blogbeitrag erschien erstmals am 24. März 2015.

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