DDR-Design

Glanzlichter des DDR-Designs: Die P 605

Mit der Kurzbezeichnung "P 605" wurde eine formschöne und praktisch zu wartende Hängeleuchte aus lackiertem Aluminium bezeichnet, die zum Designklassiker der DDR werden sollte und vor genau 50 Jahren erstmals an den Binnenhandel ausgeliefert wurde.
(21.05.2014)

Mit dieser Kurzbezeichnung wurde eine formschöne und praktisch zu wartende Hängeleuchte aus lackiertem Aluminium bezeichnet, die zum Designklassiker der DDR werden sollte und vor genau 50 Jahren erstmals an den Binnenhandel ausgeliefert wurde.

Fachsprachlich zählt sie zur Familie der „Pendelleuchten“. Deshalb das P vor der Zahl 605. Die viele weitere Modelle umfassende 600er-Leuchtenserie aus der Manufaktur der „Produktionsgenossenschaft des Metalldrücker- und Gürtlerhandwerks Halle/Saale“ stand für ein bestimmtes gestalterisches Charakteristikum, das fast alle ihrer Vertreter in den 1960er Jahren aufwiesen: Um den Hülsen-Schaft am Kabeleingang oder auch unter ihm gruppierten sich ringförmige Leichtmetall-Blenden-Elemente, deren Endmontage teilweise auch unterschiedliche Anordnungen zuließ. Ein modulares System, das seine Vorbilder vorwiegend im skandinavischen Design der 1930er bis 1950er Jahre suchte.

Dieser nordeuropäischen Affinität folgte auch der vielseitig aktive Berliner Industrieformgestalter Wolfgang Dyroff, als er für die Hallenser seine P 605 entwarf. Mit deren Gestaltung griff er aber im Gegensatz zu den ring- und schalenförmigen Segmentlösungen der oft kopierten frühen Moderne nunmehr aktuelle richtungsweisende Design-Impulse aus Dänemark, Schweden und Finnland auf. Er schuf hier eine aus wenigen und durchweg funktionellen, geometrisch daherkommenden Bauteilen sich harmonisch zusammenfügende Skulptur mit perfekten Gebrauchseigenschaften: einen gleichmäßig streuenden und dabei nicht blendenden Lichtspender, der sich sowohl als Raum- wie auch als Platzleuchte eignete. Die P 605 sollte sich folglich alsbald nicht nur im modernen Heim zwischen Rostock und Suhl großer Nachfrage erfreuen, sondern vielerorts auch öffentliche Einrichtungen wie Klubs, Kantinen, Konferenz- und Amtsräume zieren, und dies in verschiedenen Farbausführungen. Die gefragteste bei anspruchsvollen Zeitgenossen war das gediegene Lackschwarz mit dem weißen Ringgitter-Einsatz unten.

Mit ihren ausgefallenen Metall-Leuchtenmodellen avancierten die Hallenser Metalldrücker, die dann in den 1970er Jahren wie viele andere erfolgreiche mittelständische DDR-Betriebe zwangsverstaatlicht wurden, zur tonangebenden Lampen-Designschmiede der ostdeutschen Republik. Dabei war so eine Entwicklung für sie niemals vorgezeichnet: Das genossenschaftliche Unternehmen hatte bis Anfang der 1960er Jahre ein ganz anderes Produkte-Spektrum: Es machte seinen Umsatz neben verschiedenem metallenen Kleinkram vor allem mit der Herstellung von Heizstrahlern, sogenannten Heizsonnen. Nachdem deren Produktion als „Stromfresser“ aus Energieeinsparungsgründen plötzlich staatlich verboten wurde, guckte die Betriebsleitung zunächst ratlos aus der Wäsche. Bis ein Werkmeister den pfiffigen Einfall hatte: „Na dann hängen wir unsere Heizsonnen-Schalen eben einfach an die Decke, und fertig ist die Lampe!“. Das war die Lösung, und die führte am Ende sogar so weit, dass IKEA ab den 1970er Jahren bis zur Jahrtausendwende viele seiner Metall-Leuchten aus Halle an der Saale kommen ließ.

So überraschend kann Designgeschichte daher kommen: Dass mit den Hallenser Raumleuchten wie der P 605 in den Wohn- und Dienststuben der DDR ein weiteres neues Licht aufging, hatte paradoxerweise seinen Grund im Zwang zur Energieeinsparung.

Heute, fünfzig Jahre später, besorgen das innovative Technologien wie Energiesparlampe und LED. Die lassen sich übrigens problemlos auch immer noch in der guten alten P 605 einsetzen.

 Bilder: G.Höhne, www.industrieform-ddr.de

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