DDR-Design

Ein Listiger Laster

MSB-Blechautos, vom Werksdesigner Manfred Schindler in den 1960er Jahren für den VEB Mechanische Spielwaren Brandenburg entworfen, waren Renner in deutschen Kinderzimmern – in Ost und West. Dutzende von Pkw-, Bus- und Lkw-Modellen entstanden auf Schindlers Reißbrett für die Brandenburger Spielzeugproduktion.
(26.11.2014)

MSB-Blechautos, vom Werksdesigner Manfred Schindler in den 1960er Jahren für den VEB Mechanische Spielwaren Brandenburg entworfen, waren Renner in deutschen Kinderzimmern – in Ost und West. Dutzende von Pkw-, Bus- und Lkw-Modellen entstanden auf Schindlers Reißbrett für die Brandenburger Spielzeugproduktion.

Das „Zulassungskennzeichen” des hier zu bewundernden Sattelschleppers trägt mit den Buchstaben MS sinnigerweise sowohl die Initialen des Betriebes als auch die des Gestalters und verrät auch das Baujahr des Fahrzeugs – das zudem ein besonderes Kapitel DDR-Designgeschichte in sich birgt:

In den 1960er Jahren bemühte sich der Chemnitzer (damals Karl-Marx-Städter) Industrieformgestalter Karl Clauss Dietel gemeinsam mit seinem Atelierkollegen Lutz Rudolph sehr engagiert um die Modernisierung des reichlich verstaubten Erscheinungsbildes von DDR-Lastkraftwagen. Grundanliegen war ihnen die Entwicklung eines augen- wie vor allem auch bedienungs- und wartungsfreundlichen Baukastensystems für Lkw. Die Spuren der im VEB Industriewerk Ludwigsfelde und im VEB Robur Zittau zum Teil bis zum Funktionsmuster gediehenen, ja im Falle des Ludwigsfelder L 60/103 bis zum Ausführungsmodell vorangetriebenen Entwürfe verloren sich allerdings Anfang der 1970er Jahre im Sande der IFA-Teststrecken. Es erging den progressiven Lkw-Ideen genau so wie den Pkw-Alternativentwürfen für Trabant und Wartburg aus dem Atelier von Dietel/Rudolph, die von der Parteiführung für überflüssig gehalten wurden.

Manfred Schindler, dereinst Design studierender Kommilitone der beiden an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee, setzte mit diesem seinen Sattelschlepper MS 66-07 aber nun doch trotzig eine jener damals wegweisenden Lkw-Ideen in die Serienproduktion um – wenigstens als Spielzeugmodell. So also sah er ungefähr aus, der 1966 als Funktionsmuster durch den märkischen Sand bei Ludwigsfelde rollende und schließlich selbst unter die Räder gekommene „Lkw 515“.

Übrigens: Der heute achtzigjährige Karl Clauss Dietel wurde Ende September 2014 von Bundeswirtschaftsminister und Vizekanzler Gabriel für sein Lebenswerk als erster ostdeutscher Industrieformgestalter mit dem Designpreis der Bundesrepublik Deutschland geehrt. Der Designpreis der DDR allerdings wurde ihm fast auf den Tag genau 30 Jahre zuvor angeheftet.

Text und Bilder: G.Höhne, www.industrieform-ddr.de

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