DDR-Geschichte

Digedags und Abrafaxe, „Mosaik“ Bildergeschichten aus sozialistischer Produktion

(17.12.2015)

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs erfreuten sich Comics auch in Deutschland immer größerer Beliebtheit. Grund dafür waren vor allem amerikanische Besatzungstruppen, welche ihre heimische Comickultur mit nach Deutschland brachten. In der jungen DDR stand man dieser Entwicklung skeptisch gegenüber und  befürchtete, dass die bunten Heftchen zur Verrohung der Jugend beitragen würden. Viele, vor allem junge Menschen, waren jedoch im Gegensatz zur Staatsführung begeistert von den spannenden und kurzweiligen Geschichten. Die Jugendorganisation „Freie Deutsche Jugend“ (FDJ) erkannte schnell das Potenzial des neuen Mediums und verlangte zur Abgrenzung von westlichen Comics wie „Micky Maus“ und Co. eigene Heftreihen. Auch von der westlich geprägten Bezeichnung des Mediums grenzte man sich ab, statt Comics hießen die Hefte im Osten „Bildgeschichten“.

Im Jahr 1955 entwickelte der bis dahin unbekannte Grafiker Johannes Eduard Hegenbarth (Künstlername Hannes Hegen) die Idee zu einer eigenen Bilderzeitschrift für jugendliche Leser und stellte das Projekt dem Verlag Junge Welt vor. Der Verlagsvorstand war begeistert und gab grünes Licht für das neuartige Projekt. Schon kurze Zeit später, genau einen Tag vor Weihnachten 1955, gelangte das erste Heft der Zeitschrift „Mosaik von Hannes Hegen“ vom Verlag Neues Leben in den Handel. Anfangs erschien das Heft vierteljährlich, aufgrund der hohen Nachfrage und allgemeinen Beliebtheit, wurde jedoch alsbald eine monatliche Ausgabe der Heftreihe angestrebt. So wurde dann ab dem Heft Nummer 7 im Juni 1957 jeweils monatlich  ein neues Exemplar auf den Markt gebracht. Der Schöpfer und Grafiker Hegenbarth erstellte nur die ersten Hefte, die monatlichen  Ausgaben ab Mitte 1957 wurden unter seiner Federführung, von einem Kollektiv bestehend aus Grafikern und Textern entwickelt. Ab Januar 1960 (Heft 38) wechselte das Magazin zum Verlag Junge Welt.

Hauptprotagonisten der Ära Hegen waren die „Digedags“, drei Kobolde mit den Namen Dig, Dag und Digedag. Diese erlebten in 223 Ausgaben zahlreiche Abenteuer, sie reisten in exotische Länder und unternahmen sogar Zeitreisen. So gibt es Geschichten der Digedags welche den Utopiegedanken der auslaufenden 1950er Jahre Rechnung tragen und im Weltraum spielen, als auch Reisen in die Vergangenheit beispielsweise in das antike Rom. Die meisten der entstandenen Hefte lassen sich thematisch bestimmten Serien zuordnen. So gibt es unter anderem eine Orient-Südsee-Serie, die oben erwähnte Weltraum-Serie, eine Erfinder-Serie in der die Protagonisten in die Vergangenheit reisen um bekannte, real existierende Erfinder zu treffen oder die beliebte Ritter-Runkel-Serie, welche im Mittelalter angesiedelt ist.

Im Jahr 1974 kam es zum Bruch zwischen dem Verlag Junge Welt und dem Schöpfer Hegen. Daraufhin wurde die Digedags Mosaik-Heftreihe beendet und nach einer kurzen Kreativpause durch das Redaktionskollektiv, kam im Januar 1976 ein neu überarbeitetes Heft mit neuen Hauptprotagonisten und ohne die Mitwirkung Hannes Hegens auf den Markt.

Die Ära der „Abrafaxe“ begann. Ähnlich wie die Vorgänger Digedags handelt es sich bei den Abrafaxen um koboldähnliche Wesen, welche auf die Namen Abrax, Brabrax und Califax hören. Im Gegensatz zu den Digedags sind die Charaktere der Abrafaxe wesentlich ausdifferenzierter und verfügen jeweils über eigene Vorlieben, Fähigkeiten und Eigenschaften. Auch gestalterisch sind die drei Abrafaxe deutlicher als die Digedags  voneinander zu unterscheiden. An der Struktur der Geschichten hat sich gleichzeitig wenig geändert. Wie ihre Vorgänger erleben die drei Kobolde Abenteuer auf allen Kontinenten und natürlich gehören auch Zeitreisen zu ihrem Repertoire. Auch hier lassen sich die Hefte zu Serien zusammenfassen, es gibt beispielsweise eine Adria-Serie, eine Japan-China-Serie oder eine Anno 1704/1705-Serie.

Das aktuelle Mosaik-Redaktionskollektiv hat extra für unser  Museum im Jahr 2006 eine Postkarte mit den beliebten Abrafaxen entworfen, welche in unserem Museum erhältlich ist.

Die Mosaik Heftreihe war übrigens nicht nur in der DDR sehr beliebt. Ab den 1960er Jahren gab es die Hefte unter anderem auch in der Bundesrepublik, in Österreich, den Niederlanden, Belgien oder Finnland. Die deutsche Wiedervereinigung überstand das Heft, als eins der wenigen Printerzeugnisse der DDR, unbeschadet und erfreut sich noch heute großer Beliebtheit bei Jung und Alt. Die Mosaik Heftreihe gilt heutzutage als älteste und auflagenstärkste deutsche Comicproduktion und erreicht derzeit eine monatliche Auflage von ca. 100.000 Exemplaren. Der im letzten Jahr verstorbene Vater der Heftreihe Hannes Hegen, wurde im Jahr 2010 für seine schöpferische Tätigkeit mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande geehrt.


 

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