Sommerzeit – Ferienzeit, da könnte man vermuten, Berlin ist leergefegt und die Abende werden am See oder in irgendeinem Urlaubsdomizil verbracht. Gestern Abend jedoch zogen ein Buch und sein Autor so viele Menschen in unser Besucherzentrum, dass die Stühle kaum ausreichten.
Peter Wensierski stellte sein Buch „Die verbotene Reise – Die Geschichte einer abenteuerlichen Flucht“ vor und wurde dabei tatkräftig von der Protagonistin Marie Mentel unterstützt. Die beiden harmonierten miteinander, ergänzten einander und erweckten so die von Peter Wensierski vorgelesenen Passagen zum Leben. Anekdoten wurden erzählt und Bilder gezeigt, welche von Marie und Jens, die die verbotene Reise unternahmen, gemacht wurden. Die beiden lernten sich in einer Dunkelkammer im Winter Ost-Berlins kennen. Der Abenteurer Jens imponierte Marie. Er versprühte den Duft der weiten Welt, der sie reizte und dazu veranlasste sich mit ihm auf eine Reise in die Mongolei und schließlich nach China zu begeben. Diese Reise war riskant, sie war ‚verboten‘, aber die beiden haben sie dennoch gewagt.
Marie Mentel erzählt lebendig von ihren Erfahrungen, zu jedem der gezeigten Bilder fiel ihr etwas ein. Einmal sogar etwas ganz neues, was auch Autor Wensierski bei seinen gründlichen und feinfühligen Recherchen noch nicht herausgefunden hatte. Als er das bemerkte waren die Lacher im Publikum vorprogrammiert.
Die Geschichte von Marie und Jens lockte nicht nur viele Besucher zur Lesung, sondern veranlasste diese auch zu reger Beteiligung. Viele Fragen kamen auf und einige der Zuhörer konnten auch von eigenen Erlebnissen ähnlicher Art berichten. So kam im Anschluss an die Lesung ein sehr interessanter Austausch zwischen Publikum, Autor und Protagonistin zustande, der deutlich macht, wie sehr das Thema „Reisen aus der DDR“ doch Anklang findet. Gerade das Beispiel von Marie und Jens, das kein Einzelfall war, zeigt wie der „Kontrollstaat DDR“ (Peter Wensierski) in gewisser Weise doch umgangen werden konnte und es nicht schaffte, seine Bürger vollkommen von der Außenwelt abzuschotten.
Was mich bei der „verbotenen Reise“ am meisten beeindruckt, ist, dass Marie nicht aus der DDR flüchten, sondern Grenzen ausleuchten und die Freiheit spüren wollte. Diesen Wunsch, der zutiefst menschlich ist und den wohl jeder in irgendeiner Form kennt, in einem Staat wie der DDR in die Tat umzusetzen bedarf Mut und hat großen Respekt verdient.