Die überwachte Gesellschaft - Detlev Vreisleben über die operative Foto- und Abhörtechnik der Stasi

von Admin (15.01.2014)

Gestern Abend hatten wir eine sehr interessante Veranstaltung in unserem Besucherzentrum. Zu Gast war der Kölner Diplom-Ingenieur für Nachrichtentechnik, Detlev Vreisleben. Und was sich vielleicht wie eine recht trockene Thematik anhört – nämlich „Die überwachte Gesellschaft – Operative Foto- und Abhörtechnik der Stasi“ – entpuppte sich als spannender, abwechslungsreicher und informativer Vortrag.

 

Herr Vreisleben, 1949 in (West-)Berlin geboren, hatte schon als Kind Interesse an Funk und Fotografie und studierte dann auch Elektrotechnik bzw. Nachrichtentechnik an der Staatlichen Ingenieurakademie Gauss und der TU Berlin. 1997 spezialisierte er sich zunächst auf die vom MfS benutzten Kameras, später dann auch auf die übrige Geheimdiensttechnik. Seither veröffentlichte er in diversen Fotozeitschriften Artikel über die Fototechnik des MfS und arbeitete in den letzten Jahren an zahlreichen Vorträgen und Ausstellungen (mit).

 

Nach einer kurzen Einführung durch unseren Sammlungsleiter Sören Marotz begann Herr Vreisleben mit seiner ersten Powerpoint-Präsentation. Schon die erste Folie sorgte für Erheiterung. Gezeigt wurde das Bild eines Luchs, der offenbar ein Dokument abfotografieren möchte, doch leider kommt aus der Kamera kein Blitz sondern ein Kuckuck. Anscheinend wurde ihm eine Spielzeugkamera untergejubelt! Gezeichnet wurde das Bild von dem DDR-Cartoonist Schmitt zum 60. Geburtstag von Markus Wolf am 19. Januar 1983. „Wolf wurde als Luchs dargestellt, weil der Luchs im Fabelwesen ein besseres Ansehen genießt als der Wolf“, erklärte Vreisleben dem amüsierten Publikum.

 

Dann wurde es natürlich etwas ernster, doch damit nicht weniger spannend. Vreisleben begann mit dem Gebiet der operativen Fototechnik. Er zeigte unzählige Abbildungen der von der Stasi benutzten Technik, erläuterte, wie und wo diese eingesetzt wurde, von wem sie hergestellt wurde und auch wie und wo sie erhältlich war. Wie er zu Anfang angekündigt hatte, streifte er dabei das Thema Spionagekameras eher am Rande und legte die Schwerpunkte eher auf die Thematiken Observationskameras, Dokumentationsgeräte und Abhörtechnik, z. T. nicht nur aus der DDR, sondern bspw. auch vom KGB. Und was es da nicht alles gab! Geräte in allen Formen und (teilweise winzigen) Größen, denn schon vor vielen Jahrzehnten kamen Kameras und Objektive zum Einsatz die zum Teil nicht größer als eine 1-Cent-Münze waren. Kameras in Taschen, Kühlergrills, Radios, Bildern, Uhren, Stiften – der Kreativität waren hier offenbar keine Grenzen gesetzt. Die obligatorische Lippenstiftkamera dürfte auch nicht fehlen! Vreisleben zeigte, wie und wo Kameras und Mikrophone verbaut wurden und wofür sie zum Einsatz kamen. Auch originale Schulungsbilder zum Umgang der Technik für die Stasi-Mitarbeiter wurden gezeigt.

Neben den, sagen wir, normalen Kameras zeigte er zudem auch skurriles, lustiges und auch Dinge, die doch eine Gänsehaut bescheren. Wussten Sie z.B., dass schon vor 30 Jahren ein 1 mm großes Loch in der Wand ausreichte, um den ganzen Raum im Weitwinkel zu erfassen? Oder dass die Amerikaner einst sogar in einer lebendigen Katze (!) eine Wanze implantiert haben sollen? Diese „Funkkatze“ (Acoustic Kitty) soll allerdings angeblich bei ihrem ersten Einsatz in Moskau überfahren worden sein. „Eine Katze ist ja auch eher ungeeignet, sie läuft ja nicht dahin, wo sie soll“, schmunzelt Vreisleben. Stimmt, ein Hund wäre da vielleicht die bessere Wahl.

 

Nachdem Vreisleben seinen Vortrag beendet hatte, hatten die Gäste natürlich wie immer die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Und diese Möglichkeit wurde auch munter und ausgiebig genutzt. Selbst nachdem die Veranstaltung offiziell als beendet erklärt wurde, blieben diverse Besucher noch, fachsimpelten mit dem Vortragenden oder tauschten Meinungen und Erfahrungen aus.

 

Eine sehr gelungene, überraschende und kurzweilige Veranstaltung einer Thematik, der man einen solch enormen Unterhaltungswert vielleicht gar nicht zugetraut hätte. An dieser Stelle noch einmal einen herzlichen Dank an Detlev Vreisleben für diesen spannenden Abend!

 

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