Lange Zeit gab es für junge Leute in der DDR keine eigene Mode. Es waren schlicht und einfach die selben Entwürfe wie für Erwachsene, nur angepasst in der Größe - grau und trist und so gar nicht am Trend orientiert.
Im Westen währenddessen waren Jeans und Lederjacke an allen Körpern. Die Kleidung war bunt, knallig, zerrissen und rebellisch. Trotz der Mauer gingen diese „feindlichen“ Modetrends nicht an der DDR-Jugend vorbei. Heimlich geschautes Westfernsehen und die Stars und Prominenz aus den USA inspirierten die Teenager der DDR: Sie begannen selbst Kleidung zu schneidern, zu tauschen, einzufärben und zu zerreissen. Westpakete mit Kleidung waren bei allen heiß begehrt. Die Jugendlichen der DDR rebellierten, kauften immer weniger Kleidung von der DDR-Stange und die Führung sah diese Entwicklung als wirtschaftsschädigend an.
Es musste etwas geändert werden! Auf dem VII. Parteitag der SED im Jahre 1967 kam die Initiative von Walter Ulbricht höchstpersönlich. Er verlangte sich mehr auf Konsumgüter zu konzentrieren und dabei nicht die Vorlieben und den Bedürfnisse der Bevölkerung aus den Augen zu verlieren. Bei der Jugendmode anzusetzen, brachte zwei Vorteile mit sich: Erstens führte der Konsum der „ideologisch verwerflich“, aus dem Westen stammenden Mode zu wirtschaftlichen Einbußen für die DDR und die Funktionäre hofften durch eine eigene Modelinie die Staatswirtschaft anzukurbeln. Zweitens war Mode ein geeignetes Mittel sich bei der Jugend einzuschmeicheln und im selben Zuge dieser den Sozialismus näherzubringen und schmackhaft zu machen.
Die Führung wollte nicht lange fackeln! So wurde die “Arbeitsgruppe für Jugendmode” unter Vorsitz von Karl-Heinz Grünbeck im Ministerium für Handel und Versorgung noch im gleichen Jahr gegründet. Auf Hochtouren arbeitete das Team die Modestrecke “Jugendmode - kess und farbenfroh” aus, welche sich stark an den Trends des Westens orientierte.
Schon im April 1968 konnten die ersten neun “Jugendzentren” eröffnen. In Massen pilgerten die DDR-Jugend zu den Shops. Schlangestehen war vorprogrammiert. Die Kollektion "Sonnidee - sonnige Jugend, ideenreich gekleidet" hatte sowohl Freizeit- als auch Festbekleidung sowie Schmuck, Mützen und Schuhe zu bieten. Etwas ganz Besonderes war auch die erste Jeans der DDR aus ungarischer Produktion. „Cottino-Hose“ wurde diese getauft, um sich bewusst vom Westen abzugrenzen. Nickis, Hosen und Schuhe waren zu niedrigen Preisen zu erwerben, um den Geldbeutel von Schülern, Studenten und Lehrlingen nicht überzustrapazieren. Im “Jugendzentrum” selbst herrschte eine junge Atmosphäre: die Verkäuferinnen waren im Schnitt 20 Jahre alt und von Kopf bis Fuß in der angesagten “JuMo” gekleidet. Sie sollten Kompetenz und modisches Fachwissen verkörpern.
Natürlich kam die Jugendmode der DDR äußerst gut an - zu gut – denn schon nach kurzer Zeit waren viele der trendigen Lieblinge vergriffen. Für Nachschub zu sorgen, stellte für die Planwirtschaft ein Problem dar. So wandelte sich die Begeisterung der jungen Leute schnell zu Enttäuschung.
Für 11.50 Mark der DDR bot die “JuMo” im Sommer 1968 etwas ganz Ausgefallenes: Papierkleider, wie sie im Volksmund genannt wurden. Hergestellt aus Vliesstoff - ähnlich wie Papier - hatten sie schrille Farben und Muster, inspiriert von der Popart und stark vom Westen beeinflusst. Auch Künstler wie Andy Warhol experimentierten mit diesen in New York erfundenen Kleidern. Besonders beliebt waren diese vor allem, da man sie einfach mit der Schere auf Mini kürzen konnte. Dennoch hatten die Wegwerfkleider nicht nur Vorteile: Es bestand ständige Einreißgefahr. Um dieser entgegenzuwirken, klebten Mädchen entstehende Risse in den Kleidern auf der Innenseite mit Klebeband ab. Gemütlicher wurden die Vliesettekleider dadurch nicht und nach fünf mal Waschen war der schrille Traum eh dahin - genauso wie die Hoffnung der Teenager auf ausreichend Jugendmode für alle in der DDR.