Eine DDR ohne Mauer, ohne Stasi und ohne Parteiherrschaft wäre nicht möglich gewesen, auch wenn damals manche davon träumten und heute viele einer idealisierten DDR nachtrauern, die es nie gegeben hat. Die SED-Führung hatte ein uneingeschränktes Machtmonopol. Sie war die maßgebende, alles bestimmende und alles kontrollierende politische Kraft, deren »führende Rolle« sogar in der Verfassung der DDR verankert war. Obwohl es in der DDR einen normalen Alltag und sogar ein glückliches Leben gab – was im DDR Museum eine breite Darstellung findet – war und blieb der Staat eine Diktatur ohne garantierte »Bürgerrechte« und ohne demokratische Mitsprache. Der Sturz der SED-Herrschaft im Herbst 1989 war deswegen auch nahezu zwangsläufig das Ende des Staates der DDR.
Im Admiralspalast in Berlin schlossen sich am 21./22. April 1946 die SPD (Sozialdemokratische Partei Deutschlands) und die KPD (Kommunistische Partei Deutschlands) zu einer neuen Partei, der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED), zusammen. Dieser Zusammenschluss vollzog sich auf Druck der sowjetischen Besatzungsmacht. Propagandistisch stand er im Zeichen der Einheit der Arbeiterklasse, deren Spaltung 1933 die Machtergreifung Hitlers möglich gemacht hatte. Wilhelm Pieck (KPD) und Otto Grotewohl (SPD) wurden die Vorsitzenden der neu gegründeten Partei. Symbolisch reichten sie sich als Ausdruck der Vereinigung die Hände, was später das Motiv für das SED-Parteiabzeichen wurde. Doch die gleichberechtigte Zusammenarbeit zwischen Kommunisten und Sozialdemokraten sollte sich bald als eine Illusion erweisen. Spätestens seit 1948 wurden innerparteiliche Diskussionen zunehmend eingeschränkt. Sozialdemokraten wurden, sofern sie sich nicht bedingungslos unterwarfen, wie Otto Grotewohl, beiseite gedrängt und sogar verhaftet.
Abb.: Ausstellung DDR Museum: DDR Kompakt. Einheitspartei – © DDR Museum
Die SED entwickelte sich nach der Gründung der DDR 1949 zur Staatspartei. Sie kontrollierte die Politik, die Wirtschaft sowie die Gesellschaft auf Basis der marxistisch-leninistischen Ideologie. In Parteisäuberungen zwischen 1948 und 1951 wurden Systemgegner ausgeschlossen, um eine Partei nach sowjetischem Vorbild zu formen – eine sogenannte »Partei neuen Typus«. Ab 1950 baute die SED ihren Einfluss weiter aus, indem sie zentrale Verwaltungs- und Personalentscheidungen kontrollierte. Dadurch wurden wichtige Positionen mit loyalen Parteikadern besetzt, was es der SED ermöglichte, die gesamte gesellschaftliche und politische Ordnung nach ihren Vorstellungen zu steuern. Die Partei übte ein Wahrheitsmonopol aus. Eine abweichende Meinung galt im günstigen Fall als geistige oder charakterliche Unreife; im ungünstigen Fall war sie ein Verbrechen, das mit schweren Strafen geahndet wurde. Der Anspruch auf unbedingte Herrschaft spiegelt sich im Refrain der offiziellen Hymne der SED wider: »Die Partei, die Partei, die hat immer recht!«.
Von 1949 bis zu seinem Tod 1960 war Wilhelm Pieck der erste und einzige Präsident der DDR, seine Rolle war jedoch eher repräsentativ, zudem fiel er zunehmend wegen Krankheit und Alter aus. Die eigentliche Macht lag bei Walter Ulbricht, dem Generalsekretär der SED, faktisch der höchsten politischen Position in der DDR.
1960 wurde Ulbricht Vorsitzender des neugebildeten Staatsrats und damit auch offiziell Staatsoberhaupt. Er war seit 1918 führendes Mitglied der KPD. Die NS-Zeit verbrachte er im sowjetischen Exil und kehrte 1945 mit anderen KPD-Funktionären wieder nach Deutschland zurück. Seine Aufgabe war es, eine den sowjetischen Vorstellungen entsprechende politische Ordnung einzuführen. Wie diese aussehen würde, war zunächst unklar. Doch im Laufe der folgenden Jahre wurde jede politische Opposition mit Gewalt unterdrückt, die Wirtschaft zentralisiert und 1961 die Berliner Mauer errichtet, um die Flucht tausender DDR-Bürger*innen zu stoppen. 1971 wurde Ulbricht mit Billigung der Sowjetunion entmachtet und durch Erich Honecker ersetzt.
Seit seiner Jugend war Honecker in der kommunistischen Bewegung aktiv und wurde während der NS-Zeit inhaftiert. Nach dem Zweiten Weltkrieg stieg er schnell auf und war bereits unter Ulbricht 1958 Sekretär des Zentralkomitees. Während seiner Amtszeit lehnte Honecker Reformen strikt ab und baute die DDR gleichzeitig zu einem repressiven Überwachungsstaat aus. Die wirtschaftliche Lage wurde immer schwieriger und die Unzufriedenheit der Bevölkerung wuchs. 1989 wurde Honecker schließlich gestürzt. Als letzter Generalsekretär der SED übernahm Egon Krenz das Amt, scheiterte aber mit seinem Versuch, die DDR zu retten. Er trat nach wenigen Wochen wieder zurück, womit das über Jahrzehnte geschaffene SED-System endgültig zerbrach.
Abb.: Ausstellung DDR Museum: Parteitisch – © DDR Museum
Das übergeordnete Ziel der SED war die Schaffung einer einheitlichen sozialistischen Gesellschaft, in der alle DDR-Bürger*innen nach den Vorgaben der Partei lebten. Das ausgebaute Überwachungs- und Repressionssystem sicherte die politische Kontrolle und schob potenzielle Systemgegner beiseite. Dieser Führungsanspruch der SED und ihre allgegenwärtige Einflussnahme prägten das gesellschaftliche Leben in der DDR bis zur friedlichen Revolution 1989, die schließlich zum Zusammenbruch des SED-Regimes und zur Wiedervereinigung Deutschlands führte. Die SED war somit in allen Lebensbereichen der DDR präsent, zum Beispiel in der Bildung. Bereits in der frühkindlichen Erziehung wurden ideologische Grundsätze vermittelt, die sich durch alle Bildungseinrichtungen der DDR zogen. Auch in der Arbeitswelt spielte die SED eine zentrale Rolle. In Betrieben und Produktionsstätten hielt sie regelmäßig Parteiversammlungen ab, um die Genossen über die politischen Vorgaben und Ziele der übergeordneten Parteigremien zu informieren. Parteidisziplin und die Einhaltung sozialistischer Prinzipien waren verpflichtend. Die Freizeitgestaltung der DDR-Bürger*innen war ebenfalls stark von der SED geprägt. Massenorganisationen wie die Freie Deutsche Jugend (FDJ) verbanden ideologische Erziehung mit Freizeitaktivitäten. Auch Kunst und Kultur unterlagen dem Einfluss der Partei: Literatur, Theater und Film sollten marxistisch-leninistische Ideale vermitteln und das sozialistische Gedankengut verbreiten. Alle Medien dienten als Propagandainstrument der SED – Fernsehen, Presse und Rundfunk bedienten sich einer gleichförmigen, hölzernen Sprache. Nur bezüglich alltäglicher Kleinigkeiten war Kritik in Form von »Hinweisen aus der Bevölkerung« möglich. Widerspruch zu den Beschlüssen der Partei war streng untersagt.
Abb.: Ausstellung DDR Museum: Abhörraum des Mfs, gekoppelt an eine nachempfundene WBS 70-Plattenbauwohnung – © DDR Museum
Mit der Machtübernahme von Michail Gorbatschow in der Sowjetunion im März 1985 setzten tiefgreifende Veränderungen ein, die auch innerhalb der SED zu Unruhen führten. Den Weg hierfür ebnete seine neue Politik von Transparenz (Glasnost) und Umgestaltung (Perestroika). Plötzlich war es möglich, offen zu diskutieren und die eigene Meinung zu äußern. Es entstanden unter anderem Arbeitskreise, die zu internen Debatten innerhalb der Partei führten. Zwischen 1985 und 1989 setzte somit ein schrittweiser Auflösungsprozess innerhalb der Parteistrukturen der SED ein. An der Spitze verhinderte jedoch die überalterte Führungsriege einen Generationswechsel und einen wirklichen Wandel.
Ende Februar 1990 stellte die PDS, die aus der SED hervorgegangen war, mit Gregor Gysi als zentraler Figur ihr Parteiprogramm für die Volkskammerwahl am 18. März 1990 vor. In dieser Zeit herrschten Orientierungslosigkeit und Zukunftsangst. Dennoch gelang es der PDS als kleiner Gruppierung, mit Gysi als prägendem Gesicht den politischen Umbruch zu überstehen.
Heute erfährt die Partei Die Linke, die aus der PDS hervorgegangen ist, eine Phase der Erneuerung und gewinnt wieder an Zulauf. Die Zukunft wird zeigen, ob dies ein echter Aufbruch ist oder die Neuauflage gescheiterter Konzepte.
Im DDR Museum zeigen wir, wie die SED versuchte, das Leben der Menschen in der DDR zu bestimmen. Der DDR-Alltag bewegte sich zwischen einer allgegenwärtigen Bevormundung und dem Versuch, Freiräume zu bewahren oder sogar neu zu schaffen. Viele Menschen entzogen sich der Politik durch eine Flucht ins Private, den Rückzug in sogenannte gesellschaftliche Nischen oder in die Kirchen. Auch die Familie, Freundeskreise und selbst das Arbeitskollektiv konnten Schutzräume gegen die Kontrolle und das Misstrauen der staatlichen Instanzen bieten.
Daneben beleuchten wir das Parteiensystem der DDR und die Rolle sozialistischer Symbolik. Fahnen, Parolen und Parteisymbole dienten als »Sichtagitation« und prägten das Stadtbild und den Arbeitsplatz. Doch die politische Kontrolle wirkte nicht nur nach außen – die permanente Überwachung hinterließ auch psychologische Spuren. Besucher*innen können erfahren, wie es sich anfühlte, ständig beobachtet zu werden und welchen Einfluss dies auf das eigene Denken und Handeln hatte. Die Ausstellung macht deutlich, wie tief die SED in verschiedene Lebensbereiche eingriff. Sie zeigt nicht nur, wie das System der DDR funktionierte, sondern auch, welche Auswirkungen es auf das alltägliche Leben der Menschen hatte.