Die Fernsehlorbeeren waren die höchste Auszeichnung des DDR-Fernsehens, das bis 1972 Deutscher Fernsehfunk (DFF), danach Fernsehen der DDR hieß. Die goldenen, silbernen und bronzenen Lorbeeren wurden in unregelmäßiger Folge von der Intendanz des Fernsehen an Personen oder Kollektive verliehen, die sich um das Fernsehen verdient gemacht hatten. Das konnten Schauspieler, Regisseure, Fernsehjournalisten, Wissenschaftler oder Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens sein. Der Preis wurde feierlich überreicht, in der Regel vom Intendanten Heinz Adameck oder dessen Stellvertreter. Die Fernsehlorbeeren waren nicht dotiert. Viel lukrativer waren die Nationalpreise, die oft nach erfolgreichen »Bildschirmereignissen« ausgeschüttet wurden.
1964 wurden die Preisträger erstmals von den Lesern der »Berliner Zeitung« ermittelt. Die Fernsehlorbeeren wurden auf der konstituierenden Sitzung des Wissenschaftlich-Künstlerischen Beirats des DFF überreicht. (Berliner Zeitung, 23.2.1964)
Bemerkenswert bei dieser Preisvergabe war der Umstand, dass sie offenbar den realen Abstimmungsergebnissen folgten. So erhielt u.a. der ungemein populäre Willi Schwabe, dessen »Rumpelkammer« damals ein echter Straßenfeger war, der Sportreporter Heinz Florian Oertel oder der als »Meister Nadelöhr« bekannte Schauspieler Eckart Friedrichson die Goldenen Lorbeeren, nicht aber der Chefkommentator Karl-Eduard von Schnitzler, der sich als SED-Propagandist hervortat. Das sorgte, wie man damals hörte, hinter den Kulissen für Ärger. Der Preis an »Sudel-Ede« wurde 1966 nachgereicht. (ND 2.12.1966) Aber selbst die Parteipresse besaß zunächst nicht die Vermessenheit, zu behaupten, »Schni…« sei vom Publikum gewählt worden. Ein »Schni…« war die Maßeinheit, für die Zeit, die man brauchte, den Kanal zu wechseln wenn Schnitzler auf dem Bildschirm erschien – so einer der Schnitzler-Witze, die damals erzählt wurden.
1968 wurde er dann angeblich bei der Leserumfrage der »Berliner Zeitung« und der Fernsehzeitung »FF dabei« als Nummer eins gewählt und anlässlich der Preisübergabe auf der Titelseite zusammen mit Manfred Krug abgebildet. (Berliner Zeitung, 1.3.1970) Sonst war die Preisverleihung lediglich unter der Rubrik »vermischte Nachrichten« auf der Kulturseite gemeldet worden.
Doch die Fernsehlorbeeren waren keineswegs an die Wahl der Fernsehlieblinge geknüpft, sondern konnten nach Belieben verteilt werden.
So erhielten 1966 die Drehbuchautoren des DEFA-Films »Die Mutter und das Schweigen«, Ursula und Michael Tschesno-Hell, die Goldenen Lorbeeren. Die Silbernen Lorbeeren erhielten die Hauptdarstellerin des Films Erika Dunkelmann sowie der Regisseur Wolfgang Luderer. (ND 5.3.1966)
Der Preis konnte auch kollektiv verliehen werden. So erhielt ihn 1966 anlässlich seines 20-jährigen Bestehens das DEFA-Studio für Dokumentarfilme. (Berliner Zeitung, 25.5.1966)
Im gleichen Jahr erhielt auch der Vorsitzende des Staatlichen Rundfunkkomitees, Prof. Gerhart Eisler, zu seinem 69. Geburtstag die Auszeichnung in Gold. (Berliner Zeitung, 21.2.1966) 1976 die Fernsehkritikerin der »Berliner Zeitung«, Gisela Hermann. (Berliner Zeitung, 10.11.1976); und 1984 Gewandhauskapellmeister Prof. Kurt Masur. (Berliner Zeitung, 6.3.1984)
Gelegentlich erhielten auch ausländische Persönlichkeiten die Fernsehlorbeeren, so 1965 eine Delegation des Fernsehens der Vereinigten Arabischen Republik (VAR), d.h. Ägyptens und Syriens. (Berliner Zeitung, 31.7.1965)
Besonders pikant war die Verleihung des Fernsehpreises am Ostersonntag, dem 29. März 1986, an die für die kirchlichen Sendungen zuständige Redaktion des Fernsehfunks, die seit 1978 im 2. Programm ausgestrahlt wurde. (Berliner Zeitung, 15.4.1986) Die SED-Führung wollte ganz offenbar angesichts der wachsenden Spannungen zwischen Staat und Kirche auf ihre Liberalität hinweisen, die es möglich machte, dass in der DDR überhaupt eine, wenn auch inhaltlich mehr als zahme, Kirchensendung existierte.