Aus der Sammlung

10 Objekte für ein Weihnachten in der DDR

Wie sah wohl ein Weihnachtsfest in der DDR aus? In diesem Blogbeitrag haben wir zehn Objekte aus unserer Sammlung herausgesucht, anhand derer wir euch durch einen typischen Weihnachtstag in der DDR führen. von Alexandra de León (30.11.2022)

1. Der Adventskalender

Wie auch heutzutage, begann der Morgen des 24. Dezember bereits mit viel Aufregung. Das Öffnen des letzten Türchens des Adventskalenders leitete die bevorstehenden Festlichkeiten ein. Dort befand sich jedoch keine Schokolade, sondern meist weihnachtliche Bilder, die es zu entdecken galt. Wer ganz besonderes Glück hatte, bekam einen selbstgemachten Adventskalender mit kleinen Überraschungen.

Der alte Brauch stammt aus einer lutherischen Sitte des 19. Jahrhunderts. Schon damals wurde den Festivitäten zur Geburt Christi entgegengefiebert. Das Wort »Advent« hat seinen Ursprung im Lateinischen und bedeutet im Grunde »Ankunft«. Die ersten Adventskalender besaßen keine Türchen, wie wir sie heute kennen, sondern hatten zur Tradition, dass Tag für Tag ein weiteres (christliches) Bild aufgehängt wurde. In der DDR durften christliche Motive zunächst nicht auf die Kalender gedruckt werden. 1973 wurde es erstmals einem kleinen Verlag in der Lausitz gestattet, sich religiösen Bildern zu bedienen.

Adventskalender mit Sandmännchen, Elster, Schnatterinchen und Weihnachtsmann

2. Der Schwibbogen

Der Blick aus dem Fenster eröffnete die Sicht auf ein Meer aus Schwibbögen. Fast jeder Haushalt hatte mindestens einen der handgefertigten Bögen, die auf den Fensterbänken erstrahlten. 

Der erste bekannte Schwibbogen entstand 1740 im Erzgebirge (Johanngeorgenstadt). Er war vermutlich ein Geschenk des Bergschmieds an seine Kunden. Während einige den Eingang des Bergstollens – und somit den Wunsch der Bergleute nach Tageslicht – in dem Bogen symbolisiert sehen, interpretieren andere ihn religiös und sehen darin den Himmelsbogen. Das liegt daran, dass der erste Schwibbogen nicht nur Bergleute abbildete, sondern auch Adam und Eva. Besonders beliebt waren aber Motive, die Religion, Berufe und Landschaften darstellen. In der DDR erfreuten sich die kunstvollen Bögen einer besonderen Beliebtheit. Spätestens in den 80er-Jahren war der Schwibbogen zur Weihnachtszeit ein absolutes Muss für jede Fensterbank. Da er jedoch auch außerhalb der DDR an Popularität gewonnen hatte, war er, wie so vieles, schwer erhältlich.

Schwibbogen aus Holz und Metall

3. Die Schallplatte mit Weihnachtsliedern

Für die musikalische Einstimmung lief im Hintergrund der Klassiker »Weihnachten in Familie«. Als das erste Lied mit Gesang ertönte, stimmten alle mit ein:

»Morgen kommt der Weihnachtsmann, 

kommt mit seinen Gaben, 

Puppe, Pferdchen, Sang und Spiel, 

und auch sonst der Freude viel. 

Ja oh welch ein Glücksgefühl, 

könnt ich alles haben.« 

Der Originaltext von Heinrich Hoffmann von Fallersleben wurde etwas verändert. Dieser spricht von 

»Trommeln, Pfeiffen und Gewähr, Fahn’, 

und Säbel und noch mehr. 

Ja ein ganzes Kriegesheer, 

möcht’ ich gerne haben«

Dieser Text  sollte aber nicht auf der meistverkauften Platte der DDR verbreitet werden, auch wenn  auf den 1,6 Millionen verkauften Tonträgern sogar religiöse Lieder gebilligt wurden. Von Klassikern der Weihnachtsmusik bis zu Neuschöpfungen war alles mit dabei. Die Sängerin Aurora Lacasa, ihr Lebenspartner, der Schlagersänger Frank Schöbel sowie ihre Töchter Odette und Dominique waren in der ganzen DDR bekannt. Und die 1985 veröffentlichte Platte vom Musiklabel »AMIGA« erfreute von da an viele Familien an Weihnachten.

Vorderseite der Schallplatte »Weihnachten in Familie«

4. Die Ausstechförmchen

Was wäre Weihnachten ohne Weihnachtsplätzchen?! Eben… Und wer es bis zum 24. Dezember noch nicht geschafft hatte zu backen, der machte sich noch schnell ans Werk. Neben weihnachtlichen Ausstechformen wie Sterne, Glocken und Tannenbäume, waren auch die Figuren des Abendgrußes sehr beliebt – vor allem bei den Kindern. Und so wurde bei Weihnachtsmusik fröhlich Teig geknetet, Plätzchen mit verschiedenen Motiven ausgestochen und anschließend verziert. Ein Fest für die ganze Familie.

Drei gelbe Ausstechförmchen: Schnatterinchen, Sandmännchen und Elster

5. Das Raachermannl

In der Wohnung vermischte sich langsam der Geruch vom Raachermannl und frischem Gebäck. Spätestens jetzt kam die Weihnachtsstimmung endgültig auf.

In dem aus dem Erzgebirge stammenden Raachermannl – oder Räuchermännchen – steckte eine Räucherkerze. Beim Anzünden begann es durch die runde Mundöffnung zu qualmen, und so schien es, als würde die Figur rauchen. So kam der Raachermannl zu seinem Namen. Das berühmte Männlein erfreute sich jedoch nicht nur in der DDR großer Beliebtheit. Auch in der Bundesrepublik, Italien, Österreich und vielen anderen Ländern war die Nachfrage so hoch, dass ein Großteil ins Ausland exportiert wurde. Ein echter Weihnachtsklassiker, dessen Geruch das ganze Zuhause erfüllte. 

Fünf Räuchermännchen mit fünf Packungen Räucherkerzen. Im Vordergrund zwei einzelne Räucherkerzen.

6. Das Glockenspiel

Um die Weihnachtsstimmung noch zu intensivieren, wurde auch das Glockenspiel ausgepackt und mit etwas Geduld und Geschick zusammengebaut. 

Durch das Anzünden der Kerzen wurde Wärme erzeugt, die aufstieg und das turbinenartige Rad zum Drehen brachte. Die daran befestigten Anhänger drehten sich mit und stießen an die Glocken, sodass das bekannte Läuten ertönte. Während einige das weihnachtliche Klimpern genossen, empfanden andere genau das als störend.

Glockenspiel in gold aus Metall mit drei roten Kerzen.

7. Die Lauschaer Fadenkugeln 

Ein weiteres Highlight war natürlich das gemeinsame Schmücken des Weihnachtsbaumes. Als Alternative zu den farbenfrohen Glaskugeln aus Lauscha wurde auch gerne auf die Fadenkugeln zurückgegriffen – vor allem wenn die Kinder der Familie noch klein waren. Denn die Fadenkugeln waren um einiges stabiler als die leicht zerbrechlichen Glaskugeln.  

Lauscha, im Thüringer Waldgilt als die vermeintliche Geburtsstätte des nunmehr weltweit bekannten gläsernen Baumschmucks. Einer Legende nach soll ein armer Glasbläser auf diese Idee gekommen sein, da er zu arm war, um seinen Baum mit Äpfeln und Nüssen zu schmücken. Bis heute sind viele Handwerksbetriebe in der Gegend ansässig. Und noch immer gehen sie dem traditionellen Gewerbe nach und erschaffen täglich mundgeblasene handbemalte Kugeln und Figuren. Doch auch andere Materialien, wie unsere Fadenkugeln aus Plaste, wurden hier produziert.

Mit der Umwandlung der Handwerksbetriebe in Genossenschaften im Jahr 1948 verließen viele Glasbläser die DDR in Richtung Westen. Elf Jahre später wurden diese dann in Volkseigene Betriebe (VEB) überführt, in diesem Fall unter dem Namen VEB Thüringer Glasschmuck-Verlag. Anfang der achtziger Jahre beschäftigte der VEB 500 Mitarbeiter*innen rühmen. Und diese waren auch nötig. Der Glasschmuck galt als absoluter Exportschlager. Nur ein Drittel der weihnachtlichen Waren blieb in der DDR, ein weiteres Drittel machte die Reise nach Osteuropa und das beste Drittel in den Westen. 

Verpackung der Fadenkugeln. Im Vordergrund die Fadenkugeln in gold, rot, grün, rosa und blau

8. Die Lichterkette von »Narva«

Für die Vollendung des Weihnachtsbaumes durfte die Lichterkette von »Narva« auf keinen Fall fehlen! Doch bevor sie am Baum befestigt wurde, musste überprüft werden, ob noch alle Glühbirnen leuchteten. Das Problem war:  wenn nur ein Leuchtelement kaputt war, ging die ganze Lichterkette aus. Nicht nur, dass in dem Fall dann mühselig alle Leuchtmittel einzeln kontrolliert werden mussten; es war zudem auch schwer Ersatz zu finden. 

Die DDR bezog ihre Leuchtmittel überwiegend vom VEB Narva Kombinat Berliner Glühlampenwerk. Der allseits bekannte Name »Narva« setzte sich aus den Initialen »N« für Stickstoff, »Ar« für Argon und »Va« anstelle von Vakuum zusammen. Im Berliner Stammbetrieb kam es im August 1952 zu innerbetrieblichen Konflikten. Vor allem Frauen legten die Arbeit nieder, um gegen die Beschlüsse von Arbeitsbedingungen in der Nachtschicht zu protestieren und hatten mit ihrem Streik Erfolg.  

Verpackung einer Lichterkette der Marke »Narva«. Im Hintergrund einige Ersatzglühbirnen in einer Papiertüte.

9. Der Nussknacker 

Der Nussknacker bekam wie jedes Jahr seinen Ehrenplatz neben der Schale mit Walnüssen. In über hundert Arbeitsschritten wurden die typischen DDR-Nussknacker in verschiedenen Größenordnungen produziert. Vorrangig wurden Motive wie der Polizist, der Husar in rot, der König, der Soldat, der Förster, der Räuber und der Däne bevorzugt. Die beliebtesten Exemplare kamen aus Seiffen im Erzgebirge, dem Geburtsort des Nussknackers als Drechselfigur.  

Gerade der Husar ist bis heute ein besonders beliebtes Motiv mit hohem Wiedererkennungswert. Obwohl die Figuren noch immer gerne an Weihnachten ausgepackt werden, fungieren sie primär als Dekoration. Das müsste jedoch nicht der Fall sein, denn obwohl sie einen grazilen Eindruck erwecken, sind sie sehr wohl in der Lage, auch die härteste Nuss zu knacken. Hier zeigen wir euch einen Nussknacker in Form eines Wachsoldaten.

Nussknacker in Form eines Wachsoldaten mit roter Jacke

10. Das weihnachtliche Geschenkpapier

Nach dem Weihnachtsessen und dem frischen Gebäck ging es ans Auspacken der Geschenke. Über das ganze Jahr hinweg hielten die Menschen Ausschau nach Geschenken für ihre Liebsten, denn alle wussten, dass kurz vor Weihnachten die Mangelwirtschaft ganz besonders spürbar war.

Das galt auch für einige Nahrungsmittel, die, wenn möglich, eingefroren wurden. Planung war gerade in der DDR die halbe Miete, um ein entspanntes Weihnachtsfest zu feiern. Eingepackt wurden die Präsente dann in das sorgfältig gebügelte Geschenkpapier vom letzten Jahr. Dementsprechend wurden Geschenke nicht einfach aufgerissen, sondern behutsam ausgepackt. 

Zwei verschiedene Geschenkpapiere mit weihnachtlichen Motiven.

Ein kleiner Weihnachtsbonus

Die besondere Krönung, die jedoch nur Menschen mit Westverwandtschaft vorbehalten blieb, war das Westpaket. Denn das Westpaket brachte ganz besondere Geschenke, die in der DDR kaum oder gar nicht erhältlich waren. Vor allen Dingen Nahrungsmittel wie beispielsweise das unverzichtbare Zitronat zum Backen des berühmten Dresdner Christstollens. 

11.  Das Westpaket

Das Westpaket war nicht nur ein Geschenk an die Liebsten, es stellte auch eine große Unterstützung dar – nicht nur privat, auch landesweit. Der wirtschaftliche Faktor der Pakete wurde vom Institut für Marktforschung der DDR analysiert. Im Jahr 1984 stellte das Westpaket 4,3 % des gesamten Einzelhandelsumsatzes dar. Der durchschnittliche Warenwert eines Westpakets betrug ca. 197 DM. Doch nicht alles kam an. Post- und Stasi-Mitarbeiter plünderten gerne mal aus Eigennutz die Pakete oder aber, weil sie verbotene Gegenstände fanden, wie beispielsweise Druckschriften oder Ton- und Bildträger. In der Folge »Frag Dr. Wolle – Das Westpaket« könnt ihr euch ansehen, was in einem typischen Westpaket enthalten war.

Westpaket beklebt mit weihnachtlichem Geschenkpapier und Postaufklebern

12. Der Genex-Katalog

Inspirationen für das Westpaket konnte sich die Westverwandtschaft im Genex-Katalog holen. Die Geschenkdienst- und Kleinexporte GmbH, die 1956 gegründet worden war, hatte ab den 1960er-Jahren Bestellkataloge herausgegeben, um DDR-Bürger*innen mit (zahlungsfähigen) Verbindungen in den Westen zu ermöglichen, Konsumgüter zu bekommen, die in der DDR schwer oder überhaupt nicht zu bekommen waren. Die Genex-Kataloge gingen dafür ausschließlich nach Westdeutschland. Ihre Funktion, Devisen für die DDR zu erwirtschaften, erfüllte die Genex zuverlässig. In fast dreißig Jahren generierte sie über drei Milliarden Deutsche Mark mit verschiedenen Produkten von Lebensmitteln bis zu ganzen Häusern. In den Blogbeiträgen des DDR Museum »GENEX – Weil Schenken Freude macht! (Teil 1)« und »GENEX – Weil Schenken Freude macht! (Teil 2)« erfahrt ihr mehr zum Konzept der Genex-Kataloge. 

Genex-Katalog – Ausgabe 1989 – mit lächelnder Frau, die im Arm ein junges Mädchen hält.

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