Aus der Sammlung

10 Objekte aus dem Sommerurlaub in der DDR

Viele Familien zog es im Sommerurlaub an die Ostsee. Die Urlaubsplätze waren jedoch limitiert und entsprechend stark umkämpft – selbst auf den Campingplätzen. In unserer Sammlung befinden sich zahlreiche Objekte, die einen Sommerurlaub begleitet haben könnten. 10 davon stellen wir hier vor. (21.09.2022)

Der Sommerurlaub ist für viele Menschen das Highlight des Jahres und so war es auch in der DDR. Doch die Reisebeschränkungen, die den DDR-Bürger*innen auferlegt wurden, und die begrenzte Liste von Reisezielen und Urlaubsplätzen, aus der sie wählen konnten, machten die Urlaubsplanung nicht ganz unkompliziert. Wer einen der heiß ersehnten FDGB-Plätze oder einen Zeltplatz ergatterte, konnte sich glücklich schätzen. In diesem Blogbeitrag haben wir zehn Objekte aus unserer Sammlung ausgewählt, die eine DDR-Familie beim Campingurlaub auf der Ostseeinsel Rügen begleitet haben könnten.


1. Broschüre FDGB »Rügen und Hiddensee«

Spontaner Urlaub kam für die meisten DDR-Bürger*innen nicht in Frage, da die Unterkunft in der Regel mindestens ein halbes Jahr im Voraus beantragt werden musste. Wer sich nicht für einen Campingplatz anmeldete und seine Zelte illegal aufstellte, wurde unter Umständen mit Geldstrafen oder Platzverweisen bestraft. Für Reisen ins Ausland, etwa nach Ungarn, Rumänien und Bulgarien, war sogar ein Visum erforderlich. Unsere DDR-Familie würde ihre Urlaubsvorbereitungen wahrscheinlich beim »FDGB-Feriendienst« beginnen, einem Ableger des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes, der für die Organisation von subventionierten Urlaubsreisen für seine Arbeitnehmer*innen zuständig war. Die abgebildete Broschüre über Rügen wurde 1967 vom FDGB herausgegeben und zeigt die Sandstrände und den blauen Himmel, für die die Ostseeküste so berühmt war und ist. Die Broschüre enthält auch eine Karte der Region, auf der die wichtigsten Sehenswürdigkeiten und Wanderwege verzeichnet sind. Jetzt kann unsere DDR-Familie genau planen, wohin sie fahren und welche Aktivitäten sie unternehmen möchte, bevor sie ihre Sachen packt und an die Küste fährt.

FDGB-Broschüre »Rügen und Hiddensee«

2. Zelt »Lunik extra«

Nach dem Durchblättern der Broschüre entscheidet sich unsere DDR-Familie für eine Woche Camping auf Rügen und ergattert eine Stellfläche auf dem Campingplatz in Binz. Das Wichtigste bei einem Campingausflug ist natürlich das Zelt, das auch für Familien, die keinen Zugang zu einem Bungalow oder Wohnwagen hatten, die einfachere Option war. Das Lunik extra, Baujahr 1974, war die perfekte Lösung für eine kleine Familie, die den Zwängen des Alltags entfliehen und sich in die Natur zurückziehen wollte. Das Zelt bot Platz für bis zu 3 Personen und bot mit seinen zwei großen Fenstern und aufrollbaren Stofffensterläden viel Tageslicht. Das Lunik extra bestand aus Baumwollstoff und musste im Vorfeld imprägniert werden, damit es nicht durchregnete. Aber das stört unsere DDR-Familie nicht, die einfach dankbar ist, überhaupt einen Zeltplatz bekommen zu haben.

Zelt »Lunik extra«

3. Campinghocker und Picknickkoffer »Pouch«

Das Zelt ist imprägniert und aufgebaut worden, somit kann unsere DDR-Familie mit der Erkundung der Gegend beginnen. In vielerlei Hinsicht ermöglichte Camping mehr Freiheit, Unabhängigkeit und Abenteuer als andere Urlaubsangebote, denn anders als in den FDGB-Heimen mussten sich die Familien nicht an einen strengen Zeitplan halten, der die Essenszeiten genau vorschrieb.

Dieser Campinghocker aus unserer Sammlung wäre der perfekte Begleiter für einen Campingurlaub auf Rügen gewesen, denn er ist so kompakt, dass man ihn zusammenklappen und überallhin mitnehmen konnte. Aber was wäre ein Tagesausflug ohne Picknick? Nachdem unsere DDR-Familie ihre Campingstühle aufgestellt hat, packt sie ihren Picknickkoffer »Pouch« aus, der bereits mit allem Geschirr, Besteck und Aufbewahrungsbehältern ausgestattet ist. So blieb noch genügend Platz für etwas Süßes wie zum Beispiel Bambina-Schokolade, eine Packung Knusperflocken und ein paar Pfeffi-Bonbons

Campinghocker und Picknickkoffer »Pouch«

4. Kofferradio »Stern Camping R 130«

Wer auch unterwegs informiert bleiben wollte oder einfach gern Musik hörte, reiste mit einem Kofferradio. Außerdem: Selbst für die harmonischsten Familien kann das ständige Zusammensein manchmal zu viel werden, und dann ist es am besten, einfach das Radio einzuschalten, sich zurückzulehnen und zu entspannen. Wenn unsere Familie die Nachrichten hören wollte, war »Radio DDR 1« die erste Wahl. Wenn sie eher an kulturellen Diskussionen interessiert war oder eines der morgendlichen Regionalprogramme auf Rügen hören wollte, dann war »Radio DDR 2« die beste Wahl. Der optimale Sender für unsere DDR-Familie wäre aber wohl die »Ferienwelle« gewesen, die nur an der Ostseeküste zwischen Mai und September zu hören war. Der Sender war wegen seiner nützlichen Wetterberichte und zahlreichen Grußsendungen beliebt, verlor aber in den 1980er-Jahren einen Teil seiner Hörer*innen an den reichweitenstärkeren FM-Radiosender NDR aus dem Westen. 

Das Kofferradio »Stern Camping R 130« war eine gute Wahl für den Campingurlaub, da es durch sein schmales Format und den schwenkbaren Tragegriff leicht transportiert werden konnte. Das 1968 von Michael Stender entworfene und zum VEB Stern-Radio Berlin gehörende Transistorradio wurde nur mit R20 Rundbatterien betrieben, so dass es sich lohnte, ein paar Extrapackungen einzupacken.

Kofferradio »Stern Camping R 130«

5. Wanderkarte »Rügen«

Rügen war bestens zum Wandern geeignet. Und touristische Landkarten waren reichlich im Angebot. Auch wenn es für uns heute schwer vorstellbar ist: Unsere DDR-Familie hätte bei unübersichtlichen Routen nicht das Smartphone zücken oder das Navigationssystem einschalten können. Wanderkarten gehörten deshalb zur Ausstattung und waren ein absolutes Muss für jeden Urlaub.

 Unsere DDR-Familie ist mit viel Energie aufgewacht und hat beschlossen, einen der vielen Wanderwege der Region zu erkunden. Nach einem Blick auf die Wanderkarte, entscheidet sich unsere DDR-Familie vielleicht für die Kreidefelsen auf Rügen, indem sie in Sassnitz startet und zum Königsstuhl im Norden wandert. Atemberaubende Ausblicke sind beim Wandern an der Ostsee immer garantiert. 

Wanderkarte Rügen

6. Postkarte »Ostseebad Binz«

Was wäre ein Urlaub, ohne Urlaubsgrüße an die daheimgebliebenen Lieben und Bekannten? Da unsere DDR-Familie in Binz untergebracht ist, wählt sie unter anderem die abgebildete Postkarte mit Fotos des Ostseebades. Die Postkarte aus unserer Sammlung zeigt die ideale Kombination von Sonne, Strand und Kurarchitektur, für die Binz bekannt war. Das Kurhaus Binz, das im unteren linken Bereich der Postkarte zu sehen ist, war eine der beliebtesten Sehenswürdigkeiten der Gegend. Der Müther-Turm darf bei einem Besuch in Binz natürlich auch nicht fehlen. Das Schalenbauwerk, das im Jahr 1981 vom Architekten Ulrich Müther entworfen wurde, diente bis 2004 als Basis für Rettungsschwimmer*innen auf der Insel und wurde 2006 als zweite Außenstelle des Standesamtes Binz wiedereröffnet. Müther, der selbst 1934 in Binz geboren wurde, entwarf im Laufe seiner Karriere etwa 73 weitere Schalenbauwerke und trug damit zur Entwicklung der architektonischen Moderne bei. Die Postkarte, die unsere DDR-Familie ausgewählt hat, ist nur ein Beispiel für die vielen anderen Postkarten, die sie hätte kaufen können und von denen wir einige in unserer Onlinedatenbank zeigen.

Postkarte Binz

7. Badehose und Bikini

Apropos Seebäder: Was für Badebekleidung hätte unsere DDR-Familie wohl eingepackt? Vielleicht hätte sie etwas Ähnliches wie die Badehose und den Bikini aus unserer Sammlung mitgenommen. Selbstverständlich gehörten diese Kleidungsstücke nicht gerade zu den ästhetischsten, was durch das kratzige Kunstfasermaterial, aus dem sie hergestellt wurden, nicht gerade erleichtert wurde. 

Dies könnte eine Erklärung dafür sein, warum viele Familien die Badekleidung einfach wegließen und sich stattdessen der Freikörperkultur (FKK) zuwandten. Im Jahr 1950 wurde ein Teil der Ostseeinsel Hiddensee offiziell für die Freikörperkultur freigegeben, und da die Behörden keine ernsthaften Anstrengungen unternahmen, um FKK-Strände zu verbieten, etablierte sich FKK schnell als weithin akzeptierter gesellschaftlicher Konsens in der DDR. 

Badehose und Bikini

8. Filmbegleitheft »Heißer Sommer«

Wenn wir uns einen idealen Sommerurlaub vorstellen, kommen uns wahrscheinlich Bilder von Sonnenschein, Strand und blauem Himmel in den Sinn. Die Realität sieht jedoch vor allem an der Küste oft anders aus. Deshalb ist es immer gut, einen Plan B für Tage zu haben, an denen das Wetter Strandausflüge und malerische Küstenwanderungen unmöglich macht. Neben Freiluftkinos gab es auf den Ostseeinseln auch so genannte »Blechbüchsenkinos« und »Zeltkinos«, die den Besucher*innen bei jedem Wetter einen gemütlichen Filmnachmittag oder -abend ermöglichten.

In unserer Sammlung haben wir das Plakat für den Film »Heißer Sommer« von 1968. Der vom staatlichen DEFA-Studio der DDR produzierte Film handelt von der Reise einer Gruppe Jugendlicher aus Karl-Marx-Stadt (heute Chemnitz), die in den Sommerferien ein kleines Dorf an der Ostsee zum Ziel haben. Der Film mit Chris Doerk und Frank Schöbel in den Hauptrollen ist bis heute in Erinnerung geblieben, weil er das damalige Traumpaar der DDR zeigte. Was für eine perfekte Art für unsere Familie, einen ihrer letzten Abende auf Rügen zu verbringen. 

Filmbegleitheft »Heisser Sommer«

9. Brettspiele 

Eine schöne Beschäftigung für Abende mit der Familie waren auch Gesellschaftsspiele. Die abgebildete Spielesammlung enthält gleich 8 Brettspiele, die für jeden Geschmack etwas boten. Das Würfelspiel »Raus« ähnelt auf den ersten Blick dem Klassiker »Mensch ärgere dich nicht«. Besonders beliebt war aber auch das Strategiespiel »Halma«, welches auch zu zweit gespielt werden konnte. Unsere DDR-Familie entscheidet sich zuerst für eine Runde »Pferderennen«, dessen Ziel es ist, die Spielfiguren über die Ziellinie zu bringen. Weil es so schön war, fällt die Wahl danach noch auf eine Runde »Goldene 6«, dessen Hauptziel es ist, die Holzstäbchen so schnell wie möglich loszuwerden. Nach stundenlangem Spiel merkt unsere DDR-Familie, wie spät es ist und beschließt, endlich ins Bett zu gehen.

DDR-Spielesammlung 8 Brettspiele

10.  Farb- und Schwarzweißfilm 

Einer der aufregendsten Momente eines jeden Urlaubs ist das Warten auf die Entwicklung der Urlaubsfotos. Glücklicherweise trifft die Aussage des Liedes »Du hast den Farbfilm vergessen« von Nina Hagen nicht auf unsere DDR-Familie zu, denn sie hat für ihre Reise sowohl Farb- als auch Schwarzweißfilme ergattern können. Die Wahl fiel auf den »ORWO COLOR NC 19« und den »ORWO SL NP 20«, die in unserer Museumssammlung zu finden sind und es den Familien ermöglichten, ihre schönsten Urlaubsmomente festzuhalten. Die besten Schnappschüsse werden anschließend in ein Fotoalbum eingeklebt.

Nina Hagen, die mit dem Lied 1974 die Spitze der Charts erreichte, singt davon, dass ihr Partner Michael den Farbfilm für ihren Ausflug nach Hiddensee vergessen hat. Sie kann nur weinen, wenn sie sieht, dass die »Landschaft und Nina und alles nur schwarz-weiß« sind. Zum Glück hat unsere DDR-Familie nicht den gleichen Fehler gemacht wie Michael und ihre Fotos liegen nun zum Abholen im Fotoladen bereit.

ORWO Negativfilme Color und Schwarzweiß

Text: Katie McCarthy

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