DDR-Geschichte

GENEX – Weil Schenken Freude macht! (Teil 1)

Was waren Genex-Geschenke, wie entstand das Unternehmen dahinter und wer profitierte davon? Die Antworten auf diese Fragen gibt Sammlungsleiter Jörn Kleinhardt im ersten Beitrag der Genex-Reihe. von Jörn Kleinhardt (02.01.2020)
GENEX-Katalog Ausgabe 1979

 

Die Geschenkdienst- und Kleinexporte GmbH (kurz Genex) wurde 1956 auf Anordnung der DDR-Regierung gegründet. Ihre Aufgabe war es, begehrte Devisen, also harte Währung, für die DDR zu erwirtschaften. Zu diesem Zweck wurden ab den 1960er-Jahren Bestellkataloge herausgegeben. Mithilfe dieser Kataloge war es Bürgerinnen und Bürgern der Bundesrepublik möglich, ihren Verwandten in der DDR begehrte Konsumgüter zukommen zu lassen.

Die Genex-Spur führt nach Dänemark und in die Schweiz

Da ein direkter Versandhandel zwischen beiden deutschen Staaten zwischen den 1960er- und 1980er-Jahren juristisch nicht möglich war und ideologisch nicht ins Konzept passte, bediente man sich zweier Strohfirmen: der in Zürich ansässigen Palatinus GmbH und der aus Kopenhagen stammenden Jauerfood AG. Über beide Firmen wurden in knapp drei Jahrzehnten die Versandgeschäfte abgewickelt und dadurch mehr als drei Milliarden Deutsche Mark erwirtschaftet. Dieses Geld war eine wichtige Devisenquelle des Ministeriums für Außenhandel der DDR. Im Jahr 1989 wurde durch die Inter-Geschenkdienst GmbH aus Stuttgart der direkte Versandhandel zwischen der DDR und der Bundesrepublik aufgenommen.

 

Genex-Katalog Ausgabe 1989

Wer konnte im Genex-Katalog einkaufen?

In den Genuss der begehrten Genex-Waren kamen lediglich Bürger*innen der DDR mit zahlungskräftigen Verwandten oder Bekannten im westlichen Ausland. Die entsprechenden Kataloge wurden allerdings ausschließlich in die Bundesrepublik und nach Westberlin geliefert, die Ostdeutschen empfingen lediglich die Waren. Allerdings bestand die Möglichkeit, Einblick in die Kataloge zu nehmen. Dafür mussten die Interessierten die offiziellen Genex-Fillialen innerhalb der DDR aufsuchen. Menschen ohne Westverwandte gingen anfangs leer aus und mussten sich mit dem heimischen Warenangebot und den oftmals langen Lieferzeiten arrangieren. Diese Parallelgesellschaft innerhalb der DDR förderte die Ungleichheit und sorgte innerhalb der Bevölkerung für erheblichen Unmut.

Auch im Politbüro war die Genex GmbH nicht unumstritten und sorgte für heftige Diskussionen. Letztendlich waren der Handel und die Einnahmen zu lukrativ, um das Geschäftsmodell infrage zu stellen. Ab den 1970er-Jahren war es dann auch Menschen ohne zahlungskräftige Westkontakte möglich, Genex-Produkte zu erwerben. Bei Arbeiten im Ausland, beispielsweise den Trassniks an der Drushba-Trasse, wurde ein Teil des Lohns auf ein Genex-Konto gutgeschrieben. Nach Rückkehr in die DDR konnten diese Bürger*innen dann mithilfe ihrer Ersparnisse auf dem Genex-Konto ebenfalls von den angebotenen Waren profitieren. Dafür gab es dann auch spezielle Genex-Ost-Kataloge, die ausschließlich Konsumgüter aus der heimischen Produktion oder Produkte aus dem Ostblock enthielten.

 

Genex-Katalog Ausgabe 1989 Seite 2-3

 

Im zweiten Teil unserer Genex-Reihe gehen wir näher auf das Warenangebot der Genex-Kataloge und die Auswirkungen auf die DDR-Wirtschaft ein: GENEX – Weil Schenken Freude macht (Teil 2).

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