DDR Museum

Voll der Osten

Die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur bietet unter dem Titel „Voll der Osten. Leben in der DDR“ eine Ausstellung mit Fotos von Harald Hauswald und Texten von Stefan Wolle, dem wissenschaftliche Leiter des DDR Museum, an. Dieser berichtet, was die Arbeit an der Ausstellung für ihn persönlich bedeutet hat.
von Dr. Stefan Wolle (04.10.2017)

Einblicke in den DDR-Alltag

Die Fotos von Harald Hauswald sind längst Teil des kollektiven Gedächtnisses der Deutschen. Auch wenn man den Namen des Fotografen nicht kennt, so sind doch einige der Bilder sofort präsent. So erging es mir jedenfalls vor einigen Jahren, als ein Bild von Harald Hauswald den Umschlag der ersten Ausgabe meines Buches „Die Heile Welt der Diktatur“ schmückte, die 1998 im Ch. Links Verlag erschien. Das Foto zeigt eine Ostberliner Straße mit verfallenen Fassaden und schmutzigen Schneeresten, zwischen denen ein Kohlelaster steht – eben voll der Osten. Insofern war ich sofort begeistert, als Ulrich Mählert von der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, mir das Angebot machte, die Bildauswahl zu übernehmen und die Texte zu schreiben.

Zur Ausstellung

Die geplante Ausstellung folgt einem bereits bewährten Muster. Auf 18 Tafeln werden jeweils ein großes und einige kleinere Fotos sowie ein Text präsentiert. Zwei weitere Tafeln sind für den Titel und das Impressum vorgesehen. Bisher gab es zehn solcher Ausstellungen, die in dutzenden Sprachen und vielen hundert Exemplaren rund um die Welt gezeigt wurden. Zwei der genannten Ausstellungen hatte ich bereits gestaltet -  eine Präsentation der Fotos des ehemaligen Stern-Korrespondenten in der DDR, Harald Schmitt, sowie eine Ausstellung über den Volksaufstand vom 17. Juni 1953. Über die früheren Ausstellungen und die Nutzungsbedingungen gibt die Homepage der Bundesstiftung Aufarbeitung Auskunft. Dort befinden sich auch genaue Angaben über die aktuelle Ausstellung.

Auswahl der Fotos

In der Datenbank der Agentur Ostkreuz, die Harald Hauswalds fotografisches Werk betreut, befinden sich etwa 2 600 Bilder. Weiteres Material wird gegenwärtig für die Nutzung vorbereitet. Ohne jede Frage eine Schatzkammer der Erinnerung – aber auch ein Bestand, in dem man sich verlieren kann. Die schwierige Aufgabe bestand darin, etwa hundert  Bilder auszuwählen und den Tafeln inhaltlich zuzuordnen. Die üblichen Kategorien der Geschichtswissenschaft waren hier völlig untauglich. Von „Abschied“ bis „Zärtlichkeit“ haben wir schließlich dem Bildmaterial adäquate Themen festgelegt. Gemeinsam mit der Agentur hatten wir uns entschlossen, auf keinen Fall auf die Klassiker zu verzichten. Die Tatsache, dass sie schon oft publiziert wurden, sollte kein Hinderungsgrund darstellen, da ein erheblicher Teil des Publikums Schüler sein werden, für die das Thema DDR insgesamt neu ist.  

Texte als Momentaufnahmen

Die Fotos von Harald Hauswald tragen nicht unbedingt einen dokumentarischen Charakter. Es ging ihm nicht darum, eine Lebenswirklichkeit jenseits der politischen Propaganda zu zeigen – dies ergibt sich fast von selbst. Er fotografierte spielende Kinder, Liebespaare, Fußballfans, Kneipenbesucher oder einsame alte Menschen. Er zeigt auch Menschen am Rande der Gesellschaft und nicht zuletzt jene, die längst ganz unten angekommen waren. Teilweise sind die Bilder traurig, manchmal lustig, sogar ironisch – aber niemals denunziatorisch. „Im Mittelpunkt steht der Mensch“ lautete die Maßgabe des Sozialistischen Realismus. Harald Hauswald hat diese Floskel mit Leben erfüllt. Die Texte sollen diesem Anspruch entsprechen. Sie folgen einer fotografischen Ästhetik, indem sie keine soziologischen Analysen bieten, sondern Momentaufnahmen. Alltagsszenen, Erinnerungssplitter und Impressionen.

Nutzung der Ausstellung

Die Ausstellung kann jetzt schon vorbestellt werden und steht ab Februar 2018 als Poster-Set im Format DIN A1 zur Verfügung. Über den aktuellen Stand der Bestellungen der neuen Ausstellung „Voll der Osten“ gibt eine Europa-Karte der Bundesstiftung Auskunft.

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