DDR-Geschichte

Die Weltfestspiele der Jugend und Studenten

1947 erstmals in Prag durchgeführt, erscheinen die Weltjugendspiele heute wie ein Phänomen des Kalten Krieges, aber noch heute ist der linke Weltbund der Demokratischen Jugend, der die Spiele organisiert, aktiv. In diesem Beitrag gehen wir insbesondere auf die beiden Festivals in der DDR ein. (27.07.2022)

Die Entstehung der Weltfestspiele

Der Weltbund der Demokratischen Jugend (WBDJ) gründete sich im Jahr 1945 im Kontext des Kriegsschocks und des sowjetischen Interesses an einer internationalen sozialistischen Jugendbewegung. Der Antifaschismus bot die Klammer, um verschiedene Jugendorganisationen – auch bürgerliche und sozialdemokratische – in die »Einheitsfront von oben«, wie sie die Kommunistische Internationale schon 1935 vorgesehen hatte, einzubinden.

Schild »Weltbund der demokratischen Jugend«

Weltfestspiele in Prag 1947

Mit den ersten Weltfestspielen in Prag 1947 wurde bereits das Konfliktpotential der linksgerichteten Jugendspiele deutlich. Innerhalb der internationalen Linken aber auch im kommunistischen Block war man sich beispielsweise über die Agitation gegen den Marschallplan keineswegs einig. Diese Uneinigkeit und ein vielseitiges Programm aus Diskussionsforen, öffentlichen Jugendtreffen, Musik-, Film- und Tanzveranstaltungen blieben dauerhafte Bestandteile der Festspiele bis in die Gegenwart. Im Anschluss an dieses Festival verließen erste westliche Jugend- und Studentenverbände den WBDJ sowie den Mitveranstalter, den Internationalen Studentenbund (ISB). Die französische Regierung verwies das WBDJ-Sekretariat 1951 des Landes, das sich daraufhin in Budapest ansiedelte.

In der ungarischen Hauptstadt hatten bereits 1949 die zweiten Weltfestspiele stattgefunden, die, wie auch die 1951 in Berlin folgenden, im Zeichen des Stalinismus standen und dem sozialistischen Personenkult huldigten. Auch die erste Berlin-Krise, die Blockade Westberlins durch die Sowjetunion, brachte das linke Festival in den Misskredit westlicher Jugendorganisationen.

Die Weltfestpiele in Berlin 1951

Die DDR wollte sich der gesamten Welt als vorbildlicher sozialistischer Staat präsentieren und feierte nicht ohne Personenkult mit rund 26.000 Gästen aus 104 Nationen und diversen Ehrengästen wie den Schriftstellern Pablo Neruda oder Martin Andersen Nexö die III. Weltfestspiele in der Hauptstadt der DDR.

Die Versorgungssituation war allerdings schwierig und so zog es viele in den westlichen Teil der Stadt, wo Suppenküchen, Jugendheime und die kostenfreie Ausgabe von Kino- und Theatertickets, Zeitschriften und Büchern großen Anklang fanden. Der regierende Bürgermeister Westberlins, Ernst Reuter, hatte die Jugendlichen und Studierenden dazu eingeladen, die Westsektoren zu besuchen, obwohl Ostberlin die S- und U-Bahnverbindungen zeitweilig unterbrochen hatte. Erich Honecker, zu der Zeit Vorsitzender der Jugendorganisation Freie Deutsche Jugend (FDJ), reagierte mit einem Aufmarsch von 10.000 Angehörigen der FDJ in Westberlin, die sich mit der dortigen Polizei anlegten.

Broschüre zum Dokumentarfilm »Freundschaft siegt« über die 3. Weltfestspiele 1951

Sehnsucht nach Frieden und Koexistenz nach Stalins Tod

Die Bundesrepublik hatte die West-FDJ im selben Jahr als verfassungsfeindlich eingeordnet und verboten und hinderte zahlreiche Jugendliche an der Ausreise in die DDR, um an den Weltfestspielen teilzunehmen. 1953 in Bukarest, 1955 in Warschau und 1957 in Moskau waren die Weltfestspiele hingegen bereits von »Tauwetter« und Entstalinisierung geprägt. Die Jugend sprach sich offiziell für eine friedliche Koexistenz der Systeme aus und auch die Deutschen nahmen als gemeinsame Delegationen an den Festivals teil. Beim wohl größten in Moskau mit etwa 34.000 ausländischen Teilnehmerinnen und Teilnehmern entwickelte sich jedoch erneut eine Distanz.

Die Weltfestpiele in Wien, Helsinki und Sofia

Eine Abwendung des Westens von der internationalen Festivaltradition zeigte sich auch 1959 in Wien, bei den ersten Weltfestspielen im westlichen Ausland. Die Teilnehmerzahl hatte sich fast halbiert, die Wiener Presse sich gegen eine Berichterstattung entschieden. In Helsinki 1962 fand dann erstmals ein Einschnitt in die kontinuierliche Festivaltradition statt, da die afrikanischen Staaten die geplanten Spiele aufgrund von Bürgerkrieg und Putsch nicht durchführen konnten. Erst sechs Jahre später, 1968, im Jahr des Prager Frühlings, kam die internationale Jugend erneut zusammen. Vor dem Hintergrund des Prager Frühlings, der Studentenbewegung und des Vietnamkriegs diskutierten die jungen Menschen nun informell und formell. Die Auseinandersetzungen in Prag und die Solidarisierung vieler Studentengruppen mit den Reformbewegungen überschatteten das sonst friedliche Fest. Zwei Wochen später besetzten Truppen der UdSSR Prag.

Weltfestspiele 1973 in Ostberlin

Im Sommer vor 1973 war Berlin erneut Gastgeber der Weltfestspiele der Jugend und Studenten. Vom 28. Juli bis zum 5. August trafen sich 25.600 offizielle Teilnehmer*innen aus 140 Ländern  und über 8 Millionen Menschen besuchten in diesen 9 Tagen die Hauptstadt der DDR. Das Zentralorgan der SED, die Zeitung Neues Deutschland, titelte am Folgetag der Eröffnung: »Machtvolles Bekenntnis der Weltjugend zu Solidarität, Frieden und Freundschaft«. Die westliche Presse bezeichnete die Festtage als das »Woodstock des Ostens«. 

Zur Unterhaltung während der Festtage gab es verschiedene Demonstrationsveranstaltungen, darunter die Großkundgebung »Die Jugend der DDR grüßt die Jugend der Welt«, aber auch 95 Konzertbühnen, auf denen Singeklubs, Rock- und Beatgruppen auftraten. Das angebotene Spektrum war sehr vielfältig mit Bands und Interpret*innen, die vorwiegend aus der DDR kamen. Es gab jedoch auch ausländische Musikbeiträge.

Postkarte »X. Weltfestspiele« 1973 in Ostberlin

Die Weltfestspiele 1973 in der Sammlung des DDR Museum

Das DDR Museum beherbergt besonders viele Objekte dieser Spiele in seiner Sammlung, beispielsweise ein auf Leinen gedrucktes Plakat mit zentral platzierter Festivalblume und dem Text »X. Weltfestspiele der Jugend und Studenten – Berlin 1973 – Hauptstadt der DDR«. Einzigartig an diesem Objekt sind die 71 Autogramme von Künstlern und Künstlerinnen, die in diesem Zeitraum in Berlin aufgetreten sind. Unter den Signaturen finden sich neben anderen die Puhdys, Frank Schöbel oder der Oktoberklub.

Plakat »X. Weltfestspiele der Jugend und Studenten« 1973 mit 71 Signaturen der Musiker*innen

Da die Zahl der Gäste überstieg die Beherbergungskapazitäten der Ostberliner Hotels und Pensionen, sollten viele eigentlich bei Privatfamilien einquartiert werden. Über Aufrufe und Aktionen versuchten die Veranstalter, die Berliner Bevölkerung zum Mitmachen zu animieren. Im Neuen Deutschland stand am 8. Januar 1973 zu einer dieser Aktionen: »WEISSENSEE. In diesem nordöstlichen Stadtbezirk der Hauptstadt werden zum Festival die Jugendlichen aus Cottbus und Frankfurt (Oder) wohnen. Um für ihre Freunde Quartiere zu werben, waren FDJler aus beiden Bezirken mit viel ›Musike‹ dabei, unter anderem mit den Spielmannszügen aus Forst und vom Gaskombinat Schwarze Pumpe. 3.000 Weißenseer Bürger holten an beiden Tagen die Bereitschaftserklärungen vieler Familien ein.«

Als Anerkennung »Für vorbildliche Gastfreundschaft« wurden ausgewählten Gastgeberinnen und Gastgebern im Nachhinein Schilder aus Gusseisen überreicht. Auf der rechten Seite befindet sich das bekannte, farbige Logo der Weltfestspiele, links der Schriftzug »Weltfestspiele der Jugend und Studenten / Für vorbildliche Gastfreundschaft / Hauptstadt der DDR Berlin 1973«. An den Ecken befinden sich 4 Bohrungen zur Befestigung. Unser Schild zeigt deutliche Gebrauchsspuren da es über einen Zeitraum von zwei Jahrzehnten der Witterung ausgesetzt war.

Metallschild »Für vorbildliche Gastfreundschaft« – Weltfestspiele der Jugend und Studenten 1973

Nach 1973 und auch nach dem Zusammenbruch des sogenannten Ostblocks Anfang der 90er-Jahre fanden in unregelmäßigem Abstand weitere Weltfestspiele der Jugend und Studenten auf der ganzen Welt, aber vornehmlich in sozialistisch/kommunistisch geprägten Ländern statt, zuletzt 2017 im russischen Sotschi. 

Der Weltbund der Demokratischen Jugend ist bis heute aktiv und von den Vereinten Nationen als internationale, nichtstaatliche Jugendorganisation anerkannt.

 

Anmerkung der Redaktion: Der Blogbeitrag erschien erstmals am 26. Juli 2017.

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