DDR-Geschichte

Tradition aus Jena: Der optische Großbetrieb »Carl Zeiss«

Die Geschichte der Firma »Carl Zeiss« spiegelt zugleich die Geschichte Deutschlands wider. So wurde auch die optische Firma in zwei Teile gespalten: der VEB »Carl Zeiss« im Osten und die Opton Optische Werke Oberkochen GmbH im Westen. (31.08.2017)

Wer in der DDR fotografierte, kannte natürlich die Produkte des weltbekannten Optikherstellers aus Jena. Bereits im Jahr 1846 eröffnete der Weimarer Mechaniker-Meister Carl Zeiss seine erste optisch-feinmechanische Werkstatt in der Neugasse Nr. 7. Die kleine Firma stellte Mikroskope in Handarbeit her. Ab 1866 konnte Zeiss mithilfe des Physikers Ernst Abbe optische Eigenschaften vorausberechnen, was damals weltweit einzigartig war. Über die Jahre vergrößerte sich die kleine Firma erheblich. Mit dem am 25. April 1902 patentierten »Tessar«-Objektiv gelang der internationale Durchbruch. Bis heute wurde dieses Objektiv über 100 Millionen Mal gebaut und gehört zu den Klassikern der Fototechnik. In der Zeit der beiden Weltkriege baute die Firma außerdem rüstungs- und kriegsrelevante Optiken.

Carl Zeiss – Eine gespaltene Firma

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs kam es zur Spaltung des Unternehmens »Carl Zeiss«. Große Teile des Stammwerks und der Zulieferbetriebe lagen nach den Bombardements in Schutt und Asche, die Mehrzahl der männlichen Belegschaft fehlte. Als die amerikanischen Streitkräfte aus Thüringen auszogen, fiel die Region unter die Kontrolle der sowjetischen Besatzungsmacht. Viele Spezialist*innen sowie die Betriebsleitung wurden von der US-Streitkraft mit in den Westen genommen. In Oberkochen, Baden-Württemberg, gründeten die Neuankömmlinge 1946 die Opton Optische Werke Oberkochen GmbH, welche am 1. Oktober 1947 in »Carl Zeiss« umbenannt wurde.

Im Osten wurden die Werkstätten fast völlig demontiert und als Reparationen in die Sowjetunion geschickt. Doch das war nicht das Ende der Geschichte. »Carl Zeiss« wurde verstaatlicht und 1965 zusammen mit anderen volkseigenen Betrieben, wie zum Beispiel die Rathenower Optische Werke, in das neu gegründete Kombinat VEB Kombinat »Carl Zeiss« Jena eingegliedert. Der Großbetrieb wuchs schnell – in den 80er-Jahren hatte er schon 25 Teilbetriebe mit 70,000 Mitarbeiter*innen. Zu DDR-Zeiten produzierte das Unternehmen wie gehabt Objektive für Fotokameras, aber auch Computer, Feldstecher, einige Fotokameras sowie Projektionstechnik für Kinos oder Planetarien. Ab den 1970ern kamen zunehmend Rüstungsaufträge dazu. So baute der Konzern Zieloptiken für militärisches Gerät wie Panzer oder Kampfjets. In den 1980ern wurde der berühmte 1-Megabit-Chip vom VEB »Carl Zeiss« Jena produziert. Im Zuge der Wiedervereinigung erfolgten schließlich die Umstrukturierung und zeitnahe Übernahme des Jenaer Betriebsteils durch die Carl Zeiss GmbH in Oberkochen.

Postkarte »Jena, Zeiss-Werke«

Das wohl bekannteste Zeiss-Objektiv? »Tessar«

Carl Zeiss entwickelte Produkte auf Weltniveau. Das gilt auch für Objektive. In der Sammlung des DDR Museum befindet sich das wohl bekannteste Objektiv für Fotokameras, das »Tessar«, in verschiedenen Ausführungen. Das Wort »Tessar« leitet sich vom griechischen Wort »tessares« (zu Deutsch vier) ab und weist auf den Objektivaufbau aus vier Linsen hin. Das Objektiv mit einer Brennweite von klassischen 50 mm besitzt eine Lichtstärke von 1:2,8. Fokussieren und abblenden lässt es sich über einen Fokus- und einen Blendenring. Beide Verstellringe sind mit einer Skala versehen. Die Vorderseite ist mit dem Firmennamen, dem Objektivnamen und den technischen Daten des Objektivs, also »Tessar« 2.8/50, sowie der Produktionsnummer beschriftet. Das »M42«-Schraubgewinde auf der Rückseite des Objektivs ermöglicht die Kombination mit vielen gängigen Kameras aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Spiegelreflexkamera »EXA 1b« mit Carl Zeiss Jena-Objektiv »Tessar« 2.8/50 mm

Das Kleinmikroskop »C« aus dem Hause »Carl Zeiss«

Die Sammlung umfasst noch viele weitere Produkte des ehemaligen Kombinats. Das Kleinmikroskop »C« wird bestimmt vielen Schülern und Schülerinnen der DDR bekannt sein, denn es wurde häufig im Biologieunterricht genutzt. Das Gerät hat eine beeindruckende 225-fache Vergrößerung. Hergestellt wurde es im VEB Rathenower Optische Werke »Hermann Duncker« und wurde zum subventionierten Preis von 105 Mark verkauft.

Kleinmikroskop »C« mit 225-facher Vergrößerung

Ferngläser wie das Modell »Deltrintem« waren ebenfalls beliebt

Auch die Ferngläser von »Carl Zeiss« waren bekannt und weit verbreitet. Das Modell »Deltrintem« 8x30 war im gesamten Ostblock sehr beliebt. Dieses wurde eigentlich bereits 1920 eingeführt, aber zu DDR-Zeiten technologisch weiterentwickelt, beispielsweise durch mehrfach beschichtete Linsen.

Fernglas »Deltrintem«

»Carl Zeiss« heute

Nach der Wiedervereinigung Deutschlands wurden auch die Carl Zeiss GmbH und der VEB »Carl Zeiss« zusammengelegt. Leider führte das zu mehreren Entlassungswellen in den 90er-Jahren. Heutzutage ist ZEISS eine weltweit erfolgreiche Firma mit über 32.000 Beschäftigten in fast 50 Ländern an rund 30 Produktionsstandorten, 60 Vertriebs- und Servicestandorten sowie 27 Forschungs- und Entwicklungsstandorten.

Mehr zum Thema