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Die sanfte Rebellion der Bilder - DDR-Alltag in Fotos und Geschichten

Unser heutiger Schatz aus der Bibliothek ist eine gelungene Mischung aus unaufdringlichem Bildband und Erzählungen über das Leben in einem verschwundenen Staat. Der Fotograf Siegfried Wittenburg und der Historiker Dr. Stefan Wolle lassen in ihrem Buch "Die sanfte Rebellion der Bilder - DDR-Alltag in Fotos und Geschichten" den Alltag in der DDR ein wenig wieder auferstehen. Die Bilder des Rostocker Fotografen Wittenburg sind im letzten Jahrzehnt der DDR entstanden und geben, fern jeder Verklärung oder Dämonisierung, einen treffenden Einblick in die damalige Lebenswirklichkeit.
(19.08.2014)

Unser heutiger Schatz aus der Bibliothek ist eine gelungene Mischung aus unaufdringlichem Bildband und Erzählungen über das Leben in einem verschwundenen Staat. Der Fotograf Siegfried Wittenburg und der Historiker Dr. Stefan Wolle lassen in ihrem Buch "Die sanfte Rebellion der Bilder - DDR-Alltag in Fotos und Geschichten" den Alltag in der DDR ein wenig wieder auferstehen. Die Bilder des Rostocker Fotografen Wittenburg sind im letzten Jahrzehnt der DDR entstanden und geben, fern jeder Verklärung oder Dämonisierung, einen treffenden Einblick in die damalige Lebenswirklichkeit.

Durch die Hintertür der künstlerischen Fotografie betrat in den Achtzigerjahren eine kritische, teilweise sogar subversive Bildkunst an die Öffentlichkeit. Diese Bilder sind leise, sanft, ironisch und manchmal traurig. Sie klagen nicht an, schreien nicht das Unrecht in die Welt hinaus, sondern stellen wirklich den Menschen in den Mittelpunkt. Ganz so, wie es das Dogma des sozialistischen Realismus immer gefordert, aber nie erfüllt hatte (vgl. S. 12).

Die zwischen 1980 und 1990 entstandenen Bilder lassen eine verschollene Welt wieder auferstehen: ein lauer Sommernachmittag im Kleingarten, Schaufenster von fast rührender Trostlosigkeit, triste Plattenbauten, Straßenszenen mit dem bespöttelten und geliebten Trabant. Vor allem aber sieht man Menschen, die trotz aller Alltagsschwierigkeiten auf ihre Weise dem System widerstanden und es am Ende in einer friedlichen Revolution besiegten. Auf eine sanfte, ironische aber eindringlich kritische Weise bilden die Fotos einen ästhetischen Kontrapunkt zu der offiziellen Bilderwelt des SED-Systems.

Genau wie die Fotos selbst, erzählt auch der Historiker Stefan Wolle in zehn Kapiteln von der Lebenswirklichkeit und dem Alltag in der DDR. In seinem unverwechselbaren Stil, lebendig und mitreißend, bringt er dem Leser unaufdringlich den Zweiklang von "Gartenzwergidylle" versus politischer Diktatur näher. So treten Texte und Fotografien in einen spannungsvollen Dialog - Bilder voller Geschichten und bildhafte Geschichten bilden eine Einheit, die viel vom Leben in der DDR zu erklären vermag.

Das Buch "Die sanfte Rebellion der Bilder - DDR-Alltag in Fotos und Geschichten" mit Fotos von Siegfried Wittenburg und Texten von Stefan Wolle ist 2008 im Primus Verlag Darmstadt erschienen. Es hat die ISBN 978-3-89678-363-9 und ist inzwischen für 14,90 € erhältlich.

 

P.S.: Dr. Stefan Wolle ist nicht nur Historiker, Zeitzeuge und erfolgreicher Buchautor - vielmehr ist er auch der wissenschaftliche Leiter des DDR Museums. In dieser Position wird er heute Abend die neugestalteten Vitrinen im DDR Restaurant Domklause zum Thema "Stahlhelme zu Kochtöpfen" eröffnen. Hierzu findet ab 19 Uhr in unserem Besucherzentrum eine Veranstaltung mit dem Sammler Michael Eikmeier statt, der über seine Objekte Auskunft geben wird. Der Eintritt ist kostenlos, Reservierung oder Voranmeldung sind nicht nötig. Wenn Sie also für heute Abend noch einen spannenden Programmpunkt suchen...?!

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