DDR-Geschichte

Der Schritt zum Erwachsenwerden: die Jugendweihe

Die meisten Jugendlichen wurden mit der Jugendweihe in die Welt der Erwachsenen aufgenommen. Die Geschichte der Feierlichkeiten beginnt aber schon Mitte des 19. Jahrhunderts. (23.05.2022)

Denkt man an das Erwachsenwerden in der DDR, kommt man um die staatlich veranstaltete Jugendweihe nicht herum. Die Tradition der Jugendweihe entwickelte sich aber nicht erst zu DDR-Zeiten. Schon seit 1852 sprachen freireligiöse Gruppen von der Jugendweihe als Gegenentwurf zur kirchlichen Konfirmation oder Firmung. Diese freidenkerischen Traditionen wurden von der Arbeiterbewegung, vor allem von der SPD und der KPD, übernommen und erreichten in der Weimarer Republik eine erste »Blütezeit«. Die Nationalsozialisten entwickelten eigene Formen von Weihen und Feiern, wie beispielsweise die »Schulentlassungsfeiern« oder ab 1940 die »Nationalsozialistische Jugendleite« als Teil der »Verpflichtung der Jugend«. Nach Kriegsende wurde die alte Tradition der Jugendweihe in Gesamtdeutschland wieder aufgegriffen.

Jugendweihe Teilnehmerheft 1987/88

Jugendweihe im Sozialismus

In der jungen DDR wurde die Jugendweihetradition von der Freien Deutschen Jugend (FDJ) zentralisiert. In der Berliner Zeitung vom 11. Februar 1950 steht: »Frage: Finden nach dem Abschluß der Schulzeit ›Feiern der Jugend‹ (früher ›Jugendweihe‹) statt und wo kann ich mein Kind dazu anmelden? Antwort: Die FDJ hat die Feiern übernommen und wird den Schulleitern in allernächster Zeit hierüber genaue Informationen geben.« Ab den späten 1950ern war die Teilnahme an den Jugendweihefeiern für den Großteil der Heranwachsenden obligatorisch. Wer nicht an diesen Feierlichkeiten, sondern z. B. an den kirchlichen, teilnahm, musste mit Benachteiligungen und Repressionen rechnen.

Jugendweihebücher »Der Sozialismus - Deine Welt« und »Weltall Erde Mensch«

Inhalte der Jugendweihe

Der Ablauf einer Jugendweihefeier hat sich über die Zeiten nur minimal verändert. Schon im ausgehenden 19. Jahrhundert wurde die Schulentlassung der Heranwachsenden an gebührendem Ort gefeiert. Der Jugendlehrer hielt damals einen Vortrag über die freigeistige Weltanschauung, es wurden Erinnerungsblätter, ein Gelöbnis und ein Gedenkbuch überreicht.

Auch in der DDR wurden derartige Feiern meist in großen Hallen oder geeigneten Räumlichkeiten begangen. Ein Gelöbnis wurde vom »Zentralen Ausschuss für Jugendweihen« vorgegeben. Die sozialistische Weltanschauung spielte natürlich auch eine große Rolle. Als Gedenkbuch gab es zwischen 1954 und 1974 das Sammelwerk »Weltall, Erde, Mensch«, zwischen 1975 und 1983 das ideologisch geprägte Buch »Der Sozialismus, deine Welt« und ab 1983 bis zur Wiedervereinigung dann das Werk »Vom Sinn unseres Lebens«. Die drei Bücher befinden sich in verschiedenen Auflagen in der Objektsammlung des DDR Museum. 

Zudem finden sich zahlreiche Dokumente zum Thema im Bestand, z. B. eine Jugendweihe-Urkunde vom 28. März 1971 aus Potsdam, die das Gelöbnis enthält oder eine offizielle Einladungskarte zur Feierstunde anlässlich der Jugendweihe der Thomas-Müntzer-Oberschule aus Sonneberg. Die Feierstunde fand am 28. April 1985 im Kulturhaus des VEB Thuringia Sonneberg statt. Die Einladung enthält einleitende Worte und Details vom Festprogramm. Die Vorderseite wird von einer angedeuteten Friedenstaube verziert, auf der Rückseite steht »Im Bruderbund mit dem Lande Lenins für Frieden und Sozialismus«.

Jugendweihe Urkunde Potsdam 1971
Jugendweihe Einladung und Programmheft 1985 Sonneberg

Auch in der Dauerausstellung befinden sich Bereiche zum Thema »Jugendweihe«. Im nachgestellten Jugendzimmer sind außerdem viele weitere Informationen zum Einfluss des Staats auf das Leben der jungen Menschen in den Schubladen, Schränken und Installationen versteckt.

 

Anmerkung der Redaktion: Der Blogbeitrag erschien erstmals am 26. März 2015.

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